Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Braune Ökosiedler

 

Ökologisch und Rechts? In der Mecklenburgischen Schweiz siedelten sich vor Jahren Familien im Geist der „Artamanen“ an. Einige Anwohner schauen sich nun etwas verunsichert ihren Nachbarn an. Denn die grün Auftretenden haben braunes Gedankengut verinnerlicht.

In der regionalen Öko- und Alternativszene fielen der Biobauer Helmut Ernst, der Öko-Baustoffhändler Huwald Fröhlich und der Kunstschmied Jan Krauter lange nicht auf. „Die hielten sich bedeckt“, sagte Richard Scherer vom Freundeskreis ehemaliges jüdisches Gemeindehaus Güstrow.

Keine halbe Stunde Autofahrt von Güstrow liegt Klaber. Eine Natursteinstraße und ein Sandweg führen zu dem „Gutshof Klaber“ und der Kunstschmiede. Bewusst wurde die „Kultivierung“ der Natur nicht vorangetrieben. Vom Trecker grüßte Krauter höflich. Drei Jungs spielten vor der Scheune. „Gern zeige ich Ihnen die Schmiede“, meinte er und öffnet das Gebäude, das liebevoll mit Naturmaterialien renovierter ist. Nachfragen zu den Materialien beantwortet er gerne. Über regionale Vernetzungen mag der frühere Bankkaufmann allerdings nichts sagen.

Im Februar eckte Ernst erstmals öffentlich an. Ganz ihren Ideen folgend, sind sie Teil in den Bio- und Ökoproduktnetzwerken, wie auch beim Widerstand gegen den Anbau von Genmais. Für die „Gentechnikfreie Region Nebel/Krakow“ hatte Ernst zu einer Diskussion geladen. Vor dem Termin wurde aber seine NPD-Mitgliedschaft bekannt. Prompt sagten Diskutanten ab.

Im Interview mit der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“ (DS) erklärte Ernst ganz im Parteijargon, dass durch gentechnisch verändertes Saatgut, die „Ernährungssouveränität der Völker schlichtweg gebrochen werden soll. Im Sinne der Globalisierer kommt es zur Versklavung der Bauern weltweit“. Ernst hat sich in Koppelow – zwanzig Minuten von Krauter entfernt – niedergelassen. Hinter einem Fichtenwald liegt sein Backsteinhaus, das die ersten „Artamanen“ gebaut haben sollen.

In den 1930er Jahren erwarb der Verein „Artamsiedlung Koppelow e.V.“ das Gut. Anfangs siedelten sich 14 Artamenfamilien an, sagte Stefan Brauckmann, Doktorand an der Universität Hamburg und betonte: Diese Region war ein Zentrum der Bewegung, die eine agrarromantische Blut- und Bodenideologie verfolgten. 1926 war der „Bund Artam e.V.“ entstanden, dem der spätere Reichsführer der SS Heinrich Himmler angehörte. Knapp fünf Jahre später ging der Bund Konkurs. In Mecklenburg-Schwerin nannten sie sich nun „Bund der Artamanen – Nationalsozialistischer freiwilliger Arbeitsdienst auf dem Land“. Ihre

Mitglieder mussten in einer NSDAP-Organisation tätig sein.

Fröhlichs wohnen gleich neben Ernst. Auf dem Anwesen haben die Fröhlichs die Gebäude selbst gebaut. „Wir leben einfach so, wie wir es für richtig halten“, erklärt Frau Fröhlich. Von einem Siedlungsprojekt könne gar nicht gesprochen werden.

Vor wenigen Jahren erzählten Fröhlichs und Krauter in der neu-rechten Zeitung „Junge Freiheit“ etwas anderes: Bewusst seien sie „ausgestiegen“, mit dem Ziel, möglichst viel von dem, was sie zum Leben bräuchten, selbst herzustellen. Eine Schule wollten sie gründen. Neue Mitstreiter würden sie suchen, hoben sie hervor, denn, so Krauter: „Um wirklich etwas bewegen zu können, ist eine bestimmte Masse notwendig.“ Zehn Interessierte sollen sich gemeldet haben.

Die Motive der Ansiedlung führt Fröhlich in dem Sammelband „Opposition für Deutschland“ aus, herausgegeben von dem heutigen NPD-Funktionär Andreas Molau. Die Bibel würde ein „orientalisches Naturerleben“ wiedergeben, schreibt Fröhlich, „für uns Deutsche“ seien aber die „nordischen Überlieferungen eine wichtige Quelle zum Verständnis des Verhältnisses unserer Ahnen zu ihrer Umwelt“.

In der Uwe-Johnson-Bibliothek referierte Brauckmann am 16. November in Güstrow vor etwa 200 Menschen über die Geschichte der Artamanen. Fröhlich gab sich bei der Veranstaltung erneut unpolitisch, er wollen nur: „eigner Herr auf eigner Scholle sein“. Fröhlich gab an, dass das Buch von Peter Schmitz zur Artamenbewegung sein Vorbild sei und dass dieses nichts über die Verknüpfung mit der nationalsozialistischen Bewegung schreibe. Das Buch hatte Brauckmann jedoch mit und ein Blick widerlegte die Behauptung. „Sagen Sie uns bitte, ob Sie bei den nationalsozialistischen Traditionen der Artamanen auf Distanz gehen?“, fragte Brauckmann. Die Frage stelle sich für ihn nicht, antwortete Fröhlich. Krauter verwehrt sich indes als „Rechtsextremer“ bezeichnet zu werden