Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Feindbild Islam

 

Islamophobe Hetze für die Mitte der Gesellschaft
Islamfeindliche Hetze für die Mitte der Gesellschaft

„Afro-Abschaum“, „Muselbrut“, „Drecksvolk“ und „Moslemratten“. Das sind nur einige der Begriffe, mit denen auf der Seite Politically Incorrect (PI) über Menschen mit Migrationshintergrund geschrieben wird. Die islamfeindliche und rassistische Homepage „PI-News“ hetzt täglich in Form von bis zu einem Dutzend Blogeinträgen und den dazugehörigen Kommentaren gegen Mitmenschen muslimischen Glaubens.

Auch gegen jene Mehrheit der Gesellschaft, die ihnen dieses Recht zugesteht, wird heftig polemisiert. Die anonymen Autoren der Seite verfolgen dabei eine perfide Strategie des bewussten Ausblendens und Darstellens einer verzerrten, hysterisch-paranoiden Öffentlichkeit: Es werden nur Meldungen veröffentlicht, die Menschen mit Migrationshintergrund in schlechtem Licht dastehen lassen. Missstände auf Seiten der Mehrheitsgesellschaft werden ebenso konsequent ausgelassen, wie positive Nachrichten über das Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft. Zu den etlichen Meldungen die man bei Politically Incorrect aus deutschen und europäischen Medien – teilweise stark verkürzt – zitiert, gesellen sich eigene Beiträge die mit Hilfe so genannter freiwilliger „Spürnasen“ – ähnlich der BILD-Leserreporter – erstellt werden. Laut den Autoren stehen Deutschland und Europa dabei kurz vor einer gewalttätigen Islamisierung und der Abschaffung aller freiheitlichen Grundrechte. Schuld sei der Islam. Dem Vorwurf der Volksverhetzung geht man dabei geschickt aus dem Weg. Ziel ist es, ein möglichst negatives Stereotyp des muslimischen Mitbürgers in Deutschland zu malen. Dieser hat nach Ansicht der PI-Blogger stets einen Migrationshintergrund, ist mehrheitlich männlich, lebt polygam, vergewaltigt Nachts deutsche Frauen, verprügelt deutsche Rentner auf Bahnhöfen, verkauft Crack, Heroin und Ecstasy an deutsche Kinder, lässt sich nebenher als Terrorist ausbilden und zündet mit Vorliebe deutsche Autos wie BMW und Audi in nicht mehr ganz so deutschen Stadtteilen wie Berlin-Neukölln an. Die Frauen, so PI, sind in der Minderheit, allesamt unterdrückt, sprechen kein Deutsch und tragen Burka.

Für die deutlichere Worte sind dann die unzähligen Kommentatoren wie „Nixmitburka“, „Radikaldemokrat“ und  „Islamophober“ zuständig. Trotz des auf der Startseite vollmundig verkündeten Grundsatzes proamerikanisch und proisraelisch zu sein, schreckt man im Forum nicht davor zurück, bei jeder sich bietenden Gelegenheit rechtsextremes Gedankengut zu bedienen und nebenbei die Gräueltaten der Shoa zu relativieren. Menschen aus dem Nahen Osten werden als „Herrenvolk“ bezeichnet, der Koran mit „Mein Kampf“ verglichen, Hakenkreuze neben den türkischen Halbmond gesetzt und offen menschenfeindliche Parolen rezitiert. Selbstverständlich mit dem heuchlerischen Hinweis, man mache lediglich vom Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch. Übrigens nicht selten auch offen antisemitisch, gegen den Staat Israel und auch gegen Politiker wie den amerikanischen Präsidenten Barack Obama.  Ohnehin darf man sich fragen, welches Amerika den Betreibern von Politically Incorrect vor Augen schwebt, wenn sie sich als proamerikanisch bezeichnen. Das pluralistische und multikulturelle Amerika des 21. Jahrhunderts kann es nicht sein. Eher jenes der Rassendiskriminierung und der Sklaverei.

Bei Politically Incorrect treffen sich paradoxerweise die unterschiedlichsten Anhänger  rechtsextremen Gedankenguts. Solche mit einem fundamentalistisch-christlichen Weltbild, Anhänger der „Neuen Rechten“ mit einem selbst erklärten radikal-liberalen Weltbild und nicht zuletzt die klassischen Neonazis mit ihren traurigen, altbekannten Ressentiments gegen Linke, Ausländer, Andersgläubige, Homosexuelle, Behinderte und nicht-weiße Bevölkerungsteile. Im Forum geht man offenbar stets um Konsens bemüht gar nicht erst näher aufeinander ein. Ein merkwürdiger Burgfrieden herrscht dort, vereinigt im Hass gegen Moslems, so genannte „Gutmenschen“, Grüne und Linke. Immer darauf bedacht, radikaler, entsetzter, schockierter und fatalistischer zu sein als der Kommentator davor. Da kann es auch mal passieren, dass der selbst erklärte radikal-liberale Islamkritiker zum Wohle der Homosexuellen in Berlin-Schöneberg gegen den Koran wettert und einen Absatz weiter ein langjähriges Community-Mitglied plötzlich zur einer Hasstirade gegen „Arschficker, Schwuchteln und Muselmänner“ ansetzt. Dabei versucht man von Seiten der Betreiber sich betont weltoffen zu geben. „News gegen den Mainstream · Proamerikanisch · Proisraelisch · Gegen die Islamisierung Europas · Für Grundgesetz und Menschenrechte“. So steht es auf der Startseite. Angesichts der virtuellen Realität sind dies offenbar leere Worthülsen. Neben einer „Support-Sarrazin-Kampagne“, finden sich bei Politically Incorrect auch obskure Unterstützungsaufrufe für den niederländischen Rechtsextremisten Geert Wilders, ein befremdlich anmutender Button zur Meldung linksextremistischer Überfälle und Werbung für das Buch „Allah im Wunderland – Geld, Sex und Machteliten“. Die bewusste Gleichsetzung linken und rechtsextremen Gedankenguts, bis hin zur Gleichsetzung des Islams mit der Ideologie der Nationalsozialisten, ist ein beliebtes Mittel um die eigene Gesinnung zu kaschieren. „Gutmenschen“ – gemeint sind hauptsächlich Anhänger einer multikulturellen Gesellschaft – werden ebenso wie „Kommunisten und Sozialisten“ – gemeint sind Sozialdemokraten, Grüne und Linke – bewusst als faschistisch und intolerant dargestellt.

Politically Incorrect stellt sich selbst gerne als Opfer einer angeblich unfairen „Political Correctness“ dar. Diese verbiete es, bei Berichterstattung über Menschen mit Migrationshintergrund den Namen oder die Herkunft zu nennen, Probleme der Integration zu thematisieren oder vor Gericht angemessene Strafen zu verhängen. Vorwürfe, die sich bei näherer Betrachtung leicht widerlegen lassen.

Die Strategie, Ängste und Vorurteile gegenüber dem Islam durch rechtspopulistische Aussagen in die Mitte der Gesellschaft hinein zu tragen, war in Ländern wie Dänemark und Niederlanden bereits sehr erfolgreich. Antimuslimische und offen fremdenfeindliche Parteien haben dort enormen politischen Zuspruch erfahren. Und das in Staaten, die zuvor für ihren positiven Liberalismus und ihre Offenheit bekannt waren. In Deutschland hat es der politische Arm von PI zum Glück schwerer. Mit Beiträgen und Lobeshymnen über die NPD hält man sich ohnehin auffällig zurück. Man möchte ein bürgerlicheres –  jedoch ideologisch nicht weniger gefährliches – Bild von der extremen Rechten in Deutschland zeichnen. Zu den politischen Partnern von Politically Incorrect zählen fundamental-christliche Bündnisse wie „Pax Europa“ oder die rechtsextreme Kommunalpartei Pro Köln. Nicht zufällig profilierte sich Pro Köln als härtester und populistischster Kritiker des Moscheebaus in Köln-Ehrenfeld. Die Partei sitzt mit altbekannten Rechtsextremen, die Kontakte zu NPD und Republikanern pflegen, seit Jahren im Kölner Stadtrat. Bei der Landtagswahl 2010 möchte man als Pro NRW sogar landesweit punkten. Ob dies gelingen wird, ist mehr als fraglich. Das macht sie und Politically Incorrect für die Demokratie und den sozialen Frieden nicht weniger gefährlich.