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Nazis statt Bücher

 

Mit Tricks in die Halle - NPD-Parteitag 2008 in Bamberg  © Getty
Mit Tricks in die Halle - NPD-Parteitag 2008 in Bamberg © Getty

In der Pause können die Parteitagsgäste auf die Regnitz schauen. Am 5. Juni will die NPD in Bamberg ihren Bundesparteitag ausrichten. Mit einem Trick scheint die Partei die Buchung der Konzert- und Kongresshalle in der bayerischen Stadt geschafft zu haben. „Die Buchung liegt uns vor“, bestätigt ein Sprecher der Hallenleitung. Ein Rechtsstreit läuft, versichert er.

Die Partei um den Bundesvorsitzenden Udo Voigt scheint sich aber gut auf einen Streit vorbereitet zu haben. Bereits im Herbst 2009 hat nach taz-Informationen eine Berliner Agentur die Halle für eine „Bücherausstellung“ anmieten wollen. Da der gewünschte Termin frei war, sagte die städtische Betriebsgesellschaft zu. Eine Woche später stornierte die Agentur jedoch per Fax den Termin. Nur Minuten danach folgte von einem Anwaltsbüro – ebenso per Fax – eine Buchung für die NPD. Vor Gericht, das könnte die Überlegung der rechtsextremen Partei gewesen sein, kann so belegt werden, dass die Halle zur Verfügung steht. Beim Verwaltungsgericht Bayreuth liegt denn auch bereits der Rechtsstreit. Denn die Hallenleitung will diese Buchung nicht akzeptieren, stornierte die Anmeldung. Per einstweiliger Verfügung versucht jetzt die NPD die Nutzung der Konzert- und Kongresshalle zu erstreiten. Über die Buchung für den geplanten Parteitag will sich der NPD-Bundespressesprecher Klaus Beier gegenüber den Medien nicht äußern. Schweigen scheint ihm sicherer, liegt doch der Verdacht der Täuschung nahe.

Bereits vor zwei Jahren hielt die NPD an der Regnitz einen Bundesparteitag ab. In der Halle waren damals wichtige NPD-Kader massiv aneinandergeraten. Der NPD-Fraktionsvorsitzende aus Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, warf Voigt vor, den ehemaligen Schatzmeister Erwin Kemna zu wenig kontrolliert zu haben. Kemna hatte über 700.000 Euro veruntreut. Knapp ein Jahr später trat Pastörs auf dem Parteitag 2009 in Berlin dann als Kandidat für den Parteivorsitz gegen Voigt an. Unterstützt vom sächsischen NPD-Fraktionschef Holger Apfel und dem heutigen mecklenburg-vorpommerischen NPD-Fraktionssprecher Peter Marx wollte er einen „moderateren“ Kurs mit vorantreiben. Ohne Erfolg: Die Herren hatten die Hausmacht Voigts unterschätzt.

In diesem Jahr will die NPD aber in Bamberg Konflikte vermeiden. Auf dem Parteitag plant die Partei sich ein neues Programm zu geben. „Große Auseinandersetzungen erwarte ich nicht“, sagt Marx. Der Pressesprecher der Fraktion in Sachsen, Holger Szymanski, betont: „Herr Apfel wird nicht für den Bundesvorsitz kandidieren“. Und Udo Voigt gab unlängst die Parole aus, alleine um das Programm werde konstruktiv gestritten. Zur Diskussion stehe aber nicht, tönt Voigt sogleich, dass die Partei sich „dem System“ anpasse. Für ihn gehört es „abgewickelt“.

Nach dem Wahljahr 2009 versucht die NPD sich dennoch neu zu positionieren. „Die Partei hat sich sicher mehr Wählerzuspruch gewünscht“, erklärt Fabian Virchow, Rechtsextremismusexperte von der Universität Köln. „Sie sucht derzeit nach einem Gleichgewicht zwischen bürgernaher Politik und systemradikaler Opposition“.

Eine Strategiekommission tagte bereits. Selbst Apfel war geladen, dem Voigt vorgeworfen hatte eine „einseitige Anpassung an nationalkonservative Inhalte“ zu betreiben. Nach dem Treffen betonte die NPD, dass sie für „alle volks- und heimattreuen Kräfte“ weiter offen sei, um „eine Einheit“ zu fördern. Ein Alleinvertretungsanspruch im rechtsextremen Spektrum.

Ein radikaler Kurswechsel ist auf dem Parteitag nicht zu erwarten. In der NPD-Zeitung Deutsche Stimme hat der Trierer NPD-Stadtrat Stefan Babic zur „Strategiedebatte“ altbekanntes neu ausgeführt: „Die Erfolge von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern haben gezeigt, dass eine kommunale Verankerung unerlässlich“ sei. Die NPD müsse soziale Fragen „emotional aufladen“, betonte er wieder. Rein in die Vereine, ran an die Sport- und Angelclubs ist die neue alte Parole. In der Deutschen Stimme hob Axel Herold ergänzend hervor, dass die Sorge in der „Mitte der Gesellschaft“ vor dem Islam wahltaktisch mehr ausgenutzt werden müsse. „Die populäre Moslemkritik kann so zum Türöffner für die viel weitergehende Ausländerkritik der nationalen Opposition werden“, wiederholt er, was schon in einem zuvor veröffentlichtem Positionspapier der NPD erklärt wurde. Offensichtlich hat die NPD sich die Erfolge anderer rechtslastiger Parteien in Europa angeschaut.

In Bamberg könnte sich die NPD allerdings einen neuen Namenszusatz geben. Die Partei weiß, dass die Namen der anderen geistesnahen Parteien nicht so stigmatisiert sind. „Die soziale Heimatpartei“ ist ein Vorschlag. Ein Zusatzname, den aber schon die „Republikaner“ (REP) für sich beanspruchen. „Bereits vor drei Jahren“, so der REP-Bundesvorsitzende Rolf Schlierer, hätten sie sich als „’soziale Heimatpartei“ positioniert“.