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Friedlicher Protest gegen braunen Unfug

 

Friedliche Blockaden in Dresden

Am 19. Februar wollten alte und neue Nazis mit ihrem jährlichen Aufmarsch durch Dresden ziehen. Doch wie auch im vergangenen Jahr haben zehntausende Protestierende dies erfolgreich verhindert. In der Medienberichterstattung wurde im großen Stil über Ausschreitungen berichtet. Davon habe ich vor Ort so gut wie nichts mitbekommen, ganz im Gegenteil: Die Gegendemonstranten, die ich getroffen haben, waren friedlich. Hier mein persönlicher Bericht.

Bereits frühmorgens war die besonders angespannte Stimmung seitens der Polizei spürbar. Nur durch Vorlage meines Abgeordnetenausweises bin ich überhaupt über eine der Elbbrücken auf die Altstadtseite gelangt. Kurz vor dem Hauptbahnhof hörte man bereits „Nazis raus“-Rufe von Tausenden. Aber auf der anderen Seite (Westseite) gab es drei Versammlungsorte der Rechtsextremisten.

„Georg“ in der Fritz-Löffler-Straße

Um die Mittagszeit lies mich die Bundespolizei noch durch den Bahnhof auf diese andere Seite. Es war gruselig, durch einen menschenleeren Bahnhof zu gehen und auf der anderen Seite auf ca. 700 Neonazis zu stoßen, die ich eine Weile aus kleiner, aber sicherer Entfernung beobachten konnte. Unter ihnen waren auch einige NPD-Funktionäre erkennbar. Nach ca. einer halben Stunde forderte mich ein Polizist aus Baden-Württemberg auf den Platz zu verlassen. Auch mein Abgeordnetenausweis wurde ignoriert, der Tonfall schnell unterirdisch, und ein Vorgesetzter entgegen meiner Forderung nicht hinzugeholt. Da ich den Tag nicht um diese Zeit im Gewahrsam beenden wollte (obwohl das gerichtliche Nachspiel wahrscheinlich höchst interessant gewesen wäre), ging ich zu einem der Blockadepunkte vor der orthodoxen Kirche in der Fritz-Löffler-Straße. Dort angekommen traf ich auf drei „Georgs“, aber nur einer, ein Mitdemonstrant, war sympathisch – die anderen zwei waren Wasserwerfer, die sofort nach Besetzung der Kreuzung seitens der Polizei aufgefahren wurden.

Nach einiger Zeit wollte ich mir am zweiten Sammelpunkt der Nazis ein Bild der Lage machen und anschließend zu einer weiteren Blockade in die Bayreuther Straße. ziehen. Doch trotz Ausweis gab es auch hier für mich kein Durchkommen – na ja Christian Ströbele mit seinem Fahrrad durfte durchs Polizeispalier radeln. Aber um diesen Status zu erreichen muss man wohl 70 werden und einmal in den TOP 10 der Charts vertreten gewesen sein.

Also blieb mir nichts anderes übrig, als mich auf den Weg zu anderen Blockaden zu machen. Per twitter war man schließlich immer gut informiert. Überall war gute Stimmung: Musik, Trommelgruppen, sogar heißen Tee gab es. Ausschreitungen habe ich KEINE gesehen, die einzige Anzeichen waren einige wenige ausgebrannte Müllcontainer auf der Budapester Straße. Die Nazis konnten nicht los, zu viele Menschen waren an den verschiedenen Punkten unterwegs und blockierten.

Angriff auf alternatives Kulturzentrum

Aber es erreichten mich zwischendurch auch erschreckende Infos von Freunden aus Dresden: Rechtsextremisten hätten ein alternatives Kulturzentrum im Stadtteil Löbtau angegriffen – später stellte sich heraus, dass das stimmte. Unglaublich aber wahr: Die Polizei war zwar dort vor Ort, beschränkte sich aber aufs Zuschauen. Wer’s nicht glauben mag: Hier kann mensch sich das ganze ansehen.

Und am Hauptbahnhof setzten sich einige Hundert Rechtsextremisten in den Zug nach Leipzig, aber auch dort durften sie nicht laufen. Eine Gruppe Rechtsextremisten hat es an diesem Tag dann doch noch auf die Straße geschafft aber nicht in der Innenstadt, sondern am Stadtrand in Dresden-Plauen.

Insgesamt war es ein erfolgreicher Tag. Gemeinsam ist es uns gelungen, dass die Nazis nicht durch die Dresdener Innenstadt laufen konnten. Geärgert haben mich zwei Dinge:

Erstens die extrem aggressive, unkooperative Polizei vor Ort, deren Verhalten im Gegensatz zum letzten Jahr keinesfalls bürgerfreundlich oder deeskalierend war. Häufig haben die Beamten die Stimmung völlig unnötig angeheizt, indem sie zum Beispiel in Blockaden einmarschiert sind.

Zweitens geärgert habe ich mich über die Medienberichterstattung, die sich überwiegend auf die Ausschreitungen einiger weniger gewaltbereiter Gegendemonstranten konzentriert hat, statt den friedlichen Protest von 20.000 Menschen zu würdigen. Und die Berichterstattung über gewaltsame Angriffe von Rechtsextremisten fehlten leider fast völlig .