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Kein guter Tag für die Nazis in Gera

 

Abschlusskundgebung gegen "Rock für Deutschland" in Gera
Erst am Freitagnachmittag stand fest: Das Nazikonzert findet doch auf der Spielwiese statt © Pollmann

Rund 600 Menschen aus Thüringen und den angrenzenden Bundesländern demonstrierten am Samstag seit 7 Uhr morgens gegen das von der NPD veranstaltete „Rock für Deutschland“ und sorgten so dafür, dass sich der Aufbau des Festivals verzögerte. Auf das Veranstaltungsgelände gelangten Technik und Teilnehmer letztendlich trotzdem, „aber Probleme sind ja auch schon gut“ kommentiert Christoph Berger vom Aktionsbündnis Gera gegen Rechts

Bis 13 Uhr reisen etwa 300 Neonazis an und werden, vorbei an den Gegendemonstranten, von der Polizei auf das Gelände geschleust. Es kommt zu Rangeleien, bei denen die Polizei gegen einzelne Demonstranten Pfefferspray einsetzt. Allgemein sei der Einsatz ruhig verlaufen, sagt Michael Schwenzer, Pressesprecher der Polizei Gera.

Für Christoph Berger ist das Vorgehen der Polizei bedenklich. Neonazis würden auf das Festivalgelände geschleust und den Gegendemonstranten würde der Zugang zu angemeldeten Kundgebungsorten durch Polizeisperren unmöglich gemacht. Erst am Vormittag wurden die Aktionspunkte der Nazigegner zumindest zu Fuß erreichbar. Schon bei den Kooperationsgesprächen zwischen den Bündnispartner und der Polizei unter Vermittlung des Ordnungsamtes hätte man laut Berger den Eindruck gehabt, dass die Gegendemonstranten verwirrt werden sollten. Als das Aktionsbündnis und der „Runde Tisch“ Gegenkundgebungsorte rund um den Veranstaltungsort des „Rock für Deutschland“ die Spielwiese anmelden wollte, wäre man auf keinerlei Widerstand gestoßen. Wenige Stunden später habe man erfahren, dass die NPD ihren Veranstaltungsort längst auf den Hofwiesenparkplatz verlegt hatte.

Allgemein sei man recht zufrieden mit dem Tagesverlauf sagen die Sprecher des „Runden Tisches“ und des Aktionsbündnisses. „Man sieht deutlich, dass wir strukturelle Probleme haben. Wir müssen uns noch besser vernetzen und stärker auf die Bürger zugehen.“ Mit „uns“ meint Christoph Berger die Bündnisse, Vereine, Verbände, Gewerkschaften und Parteien, die für die Gegenproteste mobilisiert hatten. Traurig ist man über den geringen Rückhalt der Gegenproteste in der Geraer Bevölkerung. Vielen fehle der Mut auf die Strasse zu gehen, trotzdem herrsche ein allgemeines Unverständnis, dass dieses Festival stattfinden darf, meint Michael Kleim, Sprecher des Runden Tisches für Toleranz und Menschlichkeit. „Man muss sich klar machen: wenn ein Konzert dieser Art irgendwo in Deutschland stattfindet, wird es innerhalb von 10 Minuten unterbunden. Weil es aber unter das Parteienprivileg fällt, kann es stattfindet. Und das ist für uns ein Missbrauch dieses Privilegs.“ Der Geraer Oberbürgermeister Norbert Vornehm fordert ein erneutes Verbotsverfahren für die NPD. „Wir sind erst zufrieden, wenn dieses Festival hier und auch sonst nirgendwo in Deutschland stattfinden darf.“

Laut Nicole Schneider von der Mobilen Beratung in Thüringen für Demokratie gegen Rechtsextremismus (MOBIT) wählt die NPD Gera als Veranstaltungsort, weil sich das Festival gut in die Strukturen einpasse. „In Gera gibt es eine funktionierende Infrastruktur von rechter Seite. Es gibt mehrere recht erfolgreiche neonazistische Bands wie etwa „Eugenik“ und „Totenburg“, es gibt Labels, Internetversandhandel und auch ein Tonstudio.“

Der NPD Kreisverband Gera steht inmitten dieser Strukturen, was der Verfassungsschutz 2009 bestätigte. Er ist eine der aktivsten Untergliederungen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands und arbeitet öffentlich wirksam mit den „Freien Nationalisten“ und Skinheads zusammen.

„Wir haben noch viel zu tun, um das 10. Rock für Deutschland 2012 zu verhindern“, sagt Berger am Ende der Abschlusskundgebung.