Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Heimattag reloaded? Heise plant erneut Rechtsrockkonzert in Leinefelde

 

Der mehrfach vorbestrafte Neonazi und NPD-Politiker Thorsten Heise hält offenbar an seinem Plan fest, im thüringischen Eichsfeld ein Rechtsrock-Event zu etablieren. Seit Mitte Januar 2012 liegt dem zuständigen Ordnungsamt die Anmeldung für den zweiten „Eichsfelder Heimattag“ vor. Geht es nach dem 42-jährigen Heise, sollen am 5. Mai die rechtsextremen Bands „Die Lunikoff-Verschwörung“, „Sturmtrupp“ und „Tätervolk“ in Leinefelde auftreten. Entsprechende Informationen hat inzwischen auch die thüringische Landesregierung bestätigt.

Organisator Thorsten Heise, Foto: Kai Budler

Von einem Erfolg konnte bei der Premiere des rechtsextremen „Heimattages“ im September 2011 nicht die Rede sein. Mit 400 Neonazis blieb die Besucherzahl deutlich hinter den von Heise angemeldeten 1500 Teilnehmern zurück. Aus Protest gegen die rechtsextreme Veranstaltung demonstrierten rund 350 Personen in Leinefelde gegen den „Heimattag“. Währenddessen wurde bekannt, dass der Auftritt des vermeintlichen Publikumsmagneten Michael Regener alias „Lunikoff“ ausfallen musste. Der Grund: der ehemalige „Landser“-Sänger Regener hatte mehrere Tage vor seinem Auftritt den Behörden nicht Ort und Zeitpunkt bekannt gegeben und damit gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen. Nach den Auftritten von „Oidoxie“ und „Words of Anger“ stand Regener zwar im Publikum, auf der Bühne wurde seine Band aber unter anderem von den Sängern der vorangegangenen Bands vertreten. Die anschließenden Kommentare in Neonazi-Foren zeugten von einem Flop: „auch die Luni-Covershow konnte meine Laune nicht bessern“, „sehr schwacher Abend“ und „Etablieren muß sich der Eichsfeldtag in Zukunft für mich nicht“.

Von Ahnen-Blut und Rassenkrieg

Protest gegen "Heimattag", Foto: Kai Budler

Organisator Thorsten Heise sieht das offenbar anders: bei der Neuauflage des „Heimattages“ in Leinefelde soll auch acht Monate später der Headliner „Lunikoff“ für Zulauf sorgen. Doch auch die anderen bisher angekündigten Bands sind in der Neonazi-Szene keine Unbekannten. Das bayrische Rechtsrock-Trio „Sturmtrupp“ mit Wurzeln in der Bonehead-Szene kann inzwischen auf eine fast 25-jährige Karriere im Rechtsrock zurück blicken. Nach einer längeren Pause hatte die Band zum 20-jährigen Jubiläum die CD „Blut unserer Ahnen“ produziert, im vergangenen Jahr erschien am 20.April, dem Geburtstag von Adolf Hitler, die Produktion „Unter feindlicher Attacke“. „Rock Gegen Überfremdung“ oder „Freiheit Für Horst Mahler“ – bei den Titeln ihrer Songs machen „Tätervolk“ keinen Hehl aus ihrer Einstellung. Und das gilt auch für die Texte der Songs: Zeilen wie „Der Rassenkrieg beginnt, seht ihr es denn nicht“ oder „In brauner Uniform und in strenger deutscher Norm marschieren wir gegen diesen Staat“ sprechen Bände. Das erste Album der Band, die auch unter dem Namen „Totalverlust“ oder schlicht als „TV“ auftritt, wurde 2009 indiziert, gegen die Mitglieder wurde wegen Volksverhetzung ermittelt. Seit zwei Jahren tourt die Formation auch unter dem Namen “Marci & Kapelle”.

Bewegungs-Unternehmer mit Brückenschlag zur NPD

Schon früh hatte Organisator Thorsten Heise die Rolle der Musik als Identifikations- und Vermittlungsfunktion in der rechtsextremen

"Heimattag" mit Hüpfburg, Foto: Kai Budler

Szene erkannt: nach ersten Konzerten an seinem Wohnort im niedersächsischen Northeim gründete er seinen „Witwe Bolte“ (WB)-Versand mit einer breiten Palette von rechtsextremen Liedermachern über Marschmusik, traditionellem Rechtsrock bis Death und Black Metal. Spätestens seit seinem Eintritt in die NPD im Jahr 2004 steht Heise für den Versuch eines Brückenschlags zwischen der NPD und dem sog. „Nationalen Widerstand“. Dabei spielen vor allem seine langjährigen Kontakte eine große Rolle, die ihm die Glaubwürdigkeit in der sonst oft NPD-kritischen Kameradschaftsszene sichern. Zwar ist der „Bewegungs-Unternehmer“ mittlerweile aus dem NPD-Bundesvorstand ausgeschieden, doch mit seiner geplanten Veranstaltung will Heise die von der Partei propagierte Graswurzelarbeit vor Ort fortsetzen. Der NPD-Kreistagsabgeordnete versucht mit seinem „Event“ in die Lücke zu stoßen, die besonders im ländlichen Raum durch die Reduzierung der klassischen Jugend- und Verbandsarbeit entsteht. Und dies geschieht idealerweise über das subkulturelle Element Musik. In Thüringen ist Heise damit keine Ausnahme: Nach Angaben der Mobilen Beratung in Erfurt bleibt Thüringen mit dem „Eichsfelder Heimattag“, dem „Thüringentag der nationalen Jugend“ und „Rock für Deutschland“ das „Bundesland mit den meisten Veranstaltungen dieser Art. Darüber hinaus bleibt Thüringen das Bundesland mit den meisten Rechts-Rock-Open-Airs“.

Heise und der NSU

NSU soll bei Heise unterschlüpfen, Screenshot

Zuletzt war Heise nicht wegen Rechtsrock in die Schlagzeilen geraten, sondern wegen angeblicher Verbindungen zum rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU). Nach Angaben des NDR hatte der NSU-Unterstützer Holger Gerlach des Öfteren Kontakt zu Heise vor dessen Umzug nach Thüringen und auch bei Heises Hochzeitsfeier zählte Gerlach zu den ausgewählten Gästen. Der Name des späteren NPD-Politikers taucht ebenfalls bei der direkten Unterstützung des untergetauchten Neonazi-Trios auf. Das geht aus einem geheimen Dossier des Bundesamtes für Verfassungsschutz aus dem Dezember 2011 zu den Ermittlungspannen der Behörden hervor. Demnach sollte der später als V-Mann enttarnte Tino Brandt 1999 bei der Suche nach einem Unterschlupf für das flüchtige NSU-Trio helfen. Dabei habe Brandt Uwe Böhnhardt „das Anwesen von Thorsten Heise genannt (damals wohnhaft in Northeim in Niedersachsen)“. Anschließend sollte offenbar der ebenfalls als NSU-Unterstützer verhaftete Ralf Wohlleben das Angebot prüfen und mit Heise vor Ort besprechen.

Gegenwind für „Heimattag“

In Leinefelde verspricht ein zivilgesellschaftliches Bündnis dem NPD-Vertreter im Kreistag für den Mai bereits jetzt Gegenwind. Nach ihren erfolgreichen Aktionen im vergangenen Jahr bereiten sich die Gruppen des „Bündnis 3. September“ erneut darauf vor, Heise „Die rote Karte für den Eichsfeldtag der NPD“ zu zeigen. Das für das konservativ geltende Eichsfeld ungewohnt breite Bündnis hatte die demokratischen Parteien und ihre Jugendverbände vor Ort ebenso eingebunden wie Initiativen und Einzelpersonen. Es will einer vermeintlich gefestigten Position von Heise in der Gesellschaft eine deutliche Absage erteilen: die Annahme, es gebe im Eichsfeld keine Gegenwehr, sei ein Irrglaube