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NPD floppt mit „Thüringentag“

 

Protest gegen "Thüringentag" in Meiningen, Foto: Kai Budler

Während überall in Deutschland Fußballfans das EM-Auftaktspiel der deutschen Nationalelf am Samstagabend bei Großveranstaltungen verfolgten, wurde im südthüringischen Meiningen das angekündigte Public Viewing abgesagt. Angesicht des extrem rechten „Thüringentag der nationalen Jugend“ fürchtete die Eventfirma um die Sicherheit der Gäste. Dem Aufruf zum Rechtsrock Open Air folgten gerade mal 260 Neonazis, angekündigt waren 400 Personen. Damit geht die Teilnehmerzahl im Vorjahresvergleich um etwa zwei Drittel zurück.

Der Flop des diesjährigen „Thüringentages“, der von Sven Dietsch vom „Südthüringer Heimatschutz“ angemeldet wurde, zeichnete sich bereits am Samstagmorgen ab: von den 15 angemeldeten Ordnern taucht zu Beginn der Veranstaltung noch nicht einmal die Hälfte auf.

Müde Stimmung an der "Großmutterwiese", Foto: Kai Budler

Auf dem Parkplatz an der Meininger Großmutterwiese haben bislang nur rund 100 Neonazis den Eintrittspreis von 25 Euro gezahlt. Der erhoffte Nachschub von Personen, die mit dem Zug anreisen, bleibt aus: von starken Polizeikräften eskortiert, nehmen 28 Neonazis unter der Leitung des NPD-Kommunalpolitikers Hendrik Heller den 15-minütigen Fußweg vom Bahnhof auf sich. Während Heller und der Vorsitzende der NPD in Thüringen, Patrick Wieschke, die Veranstaltung mit Reden eröffnen, formiert sich in der Meininger Innenstadt bereits die erste Gegendemonstration mit etwa 150 Teilnehmern.

Reaktionen auf die extrem rechte "Volkstod"-Kampagne, Foto: Kai Budler

Als sie an dem von starken Polizeikräften abgeschirmten Gelände eintreffen, dringt der dumpfe Sound der Brandenburger Rechtsrock-Band Preußenstolz von der Bühne. Auch der Auftritt der zweiten Band „Strongside“ scheint die Neonazis nicht aus der Ruhe zu bringen. Trotz entsprechender Aufforderungen des Sängers verirrt sich nur eine Handvoll Männer vor die Bühne, der Rest bleibt auf den Bierbänken sitzen oder betrachtet den Stand, der für den extrem rechten „Trauermarsch“ am 4. August in Bad Nenndorf wirbt. Auch der Anfang des Jahres gegründete „Kameradschaftsdienst“ mit grünen Westen und der aufgedruckten Lebensrune fehlt in Meiningen nicht. Die Gruppierung um den vorbestraften Neonazi Daniel B. versteht sich als „medizinische Hilfsgruppe“ für extrem rechte Veranstaltungen. Dabei hatte der ehemals in Nordrhein-Westfalen lebende Neonazi bei vermeintlich politischen Gegnern schon mehrfach bewiesen, dass ihm die körperliche Unversehrtheit egal ist. Erst im vergangenen Jahr war er aus dem Gefängnis entlassen worden, wo er wegen Gewalttaten eine dreijährige Haftstrafe abgesessen hatte.

Werbung für die NPD-Kampagne, Foto: Kai Budler

Auch die obligatorischen Stände extrem rechter Versände wie dem Germania-Versand von Patrick Weber aus dem NPD-Landesvorstand oder der Neonazi-Marke „Ansgar Aryan“ stoßen auf mehr Interesse als die Reden auf der Bühne. Der NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel verließ schon während des Auftritts von „Strongside“ das Gelände, Wieschke unterhält sich am Einlass vor einem Lkw, mit dem die sächsische NPD-Fraktion in Meiningen für ihre Kampagne „Raus aus dem Euro“ wirbt. Dazu dient auch eine lebensgroße Puppe mit der inzwischen altbekannten Eselsmaske auf der Rückseite des Geländes mit einem Schild „Ich Esel glaube, dass der Euro uns nutzt“. Unterdessen bemüht sich Tobias Kammler vom NPD-Landesvorstand in Thüringen auf der Bühne, das bei Neonazis momentan beliebte Thema „Volkstod“ mit Inhalt zu füllen. Nur verhaltender Beifall kommt auf, als er davor warnt, die in Meiningen erfundenen Thüringer Klöße würden von „fremdländischen Imbissbuden“ verdrängt und zu „Kampf, Aktion, Widerstand“ aufruft.

Deutlich mehr Zulauf erfährt unterdessen die zweite Gegendemonstration, zu dem das Meininger „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ aufgerufen hatte. Dieses Mal demonstrieren etwa 400 Personen gegen das Neonazi-Fest im Süden ihrer Stadt und veranstalteten in dessen Nachbarschaft ein Fest gegen rechts. Als die Bündnis-Veranstaltung auf der Pulverrasenwiese beginnt, setzen bei dem bis 20.00 Uhr angemeldeten Rechtsrock-Konzert Abwanderungstendenzen ein, die auch die Neonazi-Bands „Kinderzimmerterroristen“ und „Faust“ nicht stoppen können. Schon um 19.00 Uhr endet das zehnjährige Jubiläum des „Thüringentags“ an der Meininger Großmutterwiese, während das Bündnis nebenan munter weiter feiert