Der Polizei Dortmund gelang nach eigenen Angaben der bisher größte Schlag gegen die rechte Szene. Ab 6.00 Uhr morgens durchsuchte die Polizei 93 Objekte in Dortmund und angrenzenden Städten. Grund dafür war ein Verbot der Nazigruppierungen „NW Dortmund“, „Kameradschaft Aachener Land“ und „Kameradschaft Hamm“ durch das Innenministerium NRW.
Rund 600 Polizeibeamte durchsuchten am Donnerstagmorgen verschiedene Objekte in Dortmund, Hamm und anderen Ruhrgebietsstädten. Neben mehreren Privatwohnungen wurde auch das „Nationale Zentrum“ in Dortmund-Dorstfeld durchsucht, welches von Neonazis als Treffpunkt genutzt wird. Die Nazis wurden dabei mitunter aus dem Schlaf gerissen und seien laut dem Polizeipräsidenten Norbert Wesseler sichtlich überrascht gewesen. Der Einsatz wurde über längere Zeit geplant. Ziel der Aktion war es, den Besitz des „NW Dortmund“ einzuziehen und den Mitgliedern die Verbotsverfügung zukommen zu lassen.
Scharfe Schusswaffen gefunden
Dem Verbot der rechten Kameradschaften sowie der damit verbunden Razzia gingen umfangreiche Ermittlungen zuvor. „Unsere Kenntnisse über rechte Strukturen waren die Grundlagen für das Verbot“, sagte Wesseler. Zwar seien die Gruppierungen keine eingetragenen Vereine gewesen, aber hätten sich von ihrem Auftreten und der Struktur wie ein Verein verhalten, was ein Vereinsverbot möglich machte. So gab es regelmäßige Treffen, gemeinsame Aktionen und mehrere führende Mitglieder.
Bei den Durchsuchungen wurden zahlreiche Gegenstände sichergestellt, darunter verschiedene Waffen, NS Devotionalien, Aufkleber und Datenträger. Bei den Waffen handelt es sich zum Teil um scharfe Schusswaffen. Außerdem wurden im „Nationalen Zentrum“ über 1000 NPD Plakate gefunden. „Dies macht deutlich, wie eng die Verflechtungen innerhalb dieser Szene sind“, erklärte Innenminister Ralf Jäger. Der „NW Dortmund“ arbeitet laut Experten öfters mit dem NPD Kreisverband Unna/Hamm zusammen.
Drei Kameradschaften verboten
Neben dem „NW Dortmund“ und der „Kameradschaft Hamm“ wurde auch die Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) verboten. In Aachen wurden daher ebenfalls Wohnungen von Nazis durchsucht. Die drei verbotenen Vereinigungen haben laut Jäger „Menschen in ihrem Umfeld mit martialischem Auftreten und Gewalttaten eingeschüchtert.“ Er begründete die Verbote damit, dass er nicht zulassen will, „dass diese geistigen Brandstifter sich hier mit ihren menschenverachtenden Parolen und ihrer faschistischen Propaganda breit machen.“
In der Tat wurden die verbotenen Kameradschaften der militanten Naziszene zugerechnet. In Dortmund waren Mitglieder des „NW Dortmund“ immer wieder für Übergriffe auf Linke oder Migranten verantwortlich. Auch der mittlerweile inhaftierte Neonazi Sven Kahlin, der im Jahre 2005 einen Punk erstach, gehörte zu dem Umfeld des „NW Dortmund“. Bei der KAL fielen Mitglieder unter anderem durch das Basteln von Sprengsätzen auf.
Mögliche Auswirkungen auf Naziaufmarsch
Ob das Verbot auch Auswirkungen auf die geplante Nazi-Demo am 1. September in Dortmund hat, ist jedoch noch unklar. Polizeipräsident Wesseler sagte auf einer Pressekonferenz, dass die Erkenntnisse aus der Razzia für die Prüfung eines Verbots des Aufmarsches genutzt werden. Anmelder der Demonstration ist Dennis Giemsch, er ist bislang einer der führenden Köpfe des „NW Dortmund“ gewesen. Doch auch wenn der Naziaufmarsch nicht verboten werden sollte, hätte dies offenbar Konsequenzen: „Wenn die Demonstration nicht vom Verbot betroffen ist, ist von einem internen Mobilisierungsschub in der Naziszene auszugehen“, schrieb das antifaschistische Alerta-Bündnis in einer Pressemitteilung. Des Weiteren sei mit verstärkten Solidaritätsaktionen der regionalen, aber auch der bundesweiten Neonaziszene zu rechnen. Bereits wenige Stunden nach Beginn der Durchsuchungen versammelten sich in Dortmund knapp 20 Neonazis zu einer spontanen Kundgebung. Jedoch löste die Polizei die Versammlung schnell wieder auf und beschlagnahmte die mitgeführten Fahnen und Transparente.