Wurde Karl Richter, seines Zeichens Stadtrat der rechtsextremen „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA) in München, in letzter Zeit Populismus nachgesagt, macht er jetzt wieder voll auf Neonazi. Mit einem gemieteten Kleinbus und 9 KameradInnen fuhr er vergangenen Samstag in der Münchner Innenstadt herum und hielt Kundgebungen ab.
Am Mittwoch Abend traf die Anmeldung ein: insgesamt 7 Kundgebungen, unter anderem vor zwei linksalternativen Zentren, einer Moschee sowie zwei Flüchtlingsunterkünften, wollte Karl Richter, zukünftiger Landesvorstand der NPD Bayern und Stadtrat der Münchner „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA), abhalten. Jeweils 20 Minuten sollte eine Kundgebung dauern und ein Kleinbus sollte sie von Kundgebung zu Kundgebung bringen.
Kaum Mobilisierung in der Szene
Obwohl die Anmeldung am Mittwoch erfolgte, war auf den einschlägigen Websites und in sozialen Netzwerken von der Kundgebungsserie nichts zu lesen. Erst am Vortag erschien auf der BIA-Website ein kurzer Aufruf unter dem Titel „BEWEGT München – MÜNCHEN bewegt!“, in dem es hieß: „Für die BIA beginnt der Stadtratswahlkampf 2014 an diesem Wochenende.“.
„Stadtratswahlkampf 2014“
Am Samstag war dann klar, wen die neonazistische Wahlkampfpropaganda ansprechen sollte: Radikale Neonazis, beispielsweise aus dem Umfeld des „Freien Netz Süd“. Die acht mitgebrachten KameradInnen waren jedenfalls keine „Hobbypatrioten“: Die Lebensläufe von Karl-Heinz Statzberger (verurteilter Rechtsterrorist), Daniel Thönissen (ehemaliges Mitglied der verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“) oder Vanessa Becker (Mitglied der NS-verherrlichenden „Freien Nationalisten München“) sprechen Bände. Auch immer mit dabei: Ein Anti-Antifa-Fotograf der couragierte BürgerInnen und AntifaschistInnen ablichtete, um diese Bilder dann ins Internet zu stellen.
Erfolgreiche Blockade
Das Gelände um die Neonazi-Kundgebungen war stets grossflächig abgesperrt. Dennoch protestierten teilweise mehrere hundert Antifaschist_innen lautstark aber friedlich gegen die Kundgebungen. Nach einigen Versuchen gelang es AntifaschistInnen im Westend dann das graue Mietauto mit BIA-Schriftzug von beiden Seiten für mehrere Stunden friedlich zu blockieren. Die Polizei, die an der Durchführung der menschenverachtenden Kundgebungen weiterhin festhielt, setzte auf rohe Gewalt und ließ knapp hundert AntifaschistInnen vom behelmten Unterstützungskommando teilweise recht brutal wegtragen. Presse durfte währenddessen nicht anwesend sein und wurde mit Platzverweisen konfrontiert. Als Konsequenz der enormen Zeitverzögerung und um AntifaschistInnen aus dem Weg zu gehen, veränderte die Polizei die Reihenfolge der Kundgebungen.
Kein neues Ziel: Das Kafe Marat
Nicht neu in München sind Angriffe auf das selbstverwaltete Kulturprojekt „Kafe Marat“ in der Thalkirchnerstraße 102 von ganz rechts. Beispiel: 21. Januar 2012. Dort gingen einer rechtsextremen Demonstration mit Ziel „Kafe Marat“ eine Reihe von Straftaten mit neonazistischem Hintergrund, wie Farbanschläge, „Anti-Antifa“-Sprühereien oder dem Zusammenschlagen von Punks am Münchner Hauptbahnhof vorraus. Auch versuchte BIA-Stadtrat Karl Richter danach erfolglos städtische Zuschüsse für das „Kafe Marat“ per Stadtratsbeschluss zu streichen.
Von „homogenen Volkskörpern“ und „kriminellen Ausländern“
Neben BIA-Stadtrat Karl Richter und FNM-Aktivistin Vanessa Becker, hielt auch der verurteilte Rechtsterrorist und „Kameradschaft München“-Aktivist Karl Heinz Statzberger eine Rede vor der Moschee in der Ruppertstraße, in der es von Neonazismus nur so strotzte: „Wir […] Nationale Sozialisten, fordern endlich eine Zukunft für unser deutsches Volk.“ war von ihm zu hören und auch die Forderung nach einem „homogenen Volkskörper“. Am Ende seiner Rede, in der es hauptsächlich um Abschiebungen ging, skandierte er „Kriminelle Ausländer – Raus!“. So startet die BIA in die Stadtratswahl.