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Blockaden geplant am 1. Mai in Berlin-Schöneweide

 

Vorbereitung für den 1. Mai: Plakate werden in Schöneweide angebracht © Theo Schneider
Vorbereitung für den 1. Mai: Plakate werden in Schöneweide angebracht © Theo Schneider

Breites Bündnis mobilisiert zu Massenblockade von NPD-Aufmarsch – Polizei kündigt an, diese nicht zu dulden – NPD plant Mini-Route durch den Kiez

Seit Monaten mobilisiert das Bündnis „1. Mai – Nazifrei“ nach Berlin-Schöneweide um einen geplanten Aufmarsch der NPD am „Tag der Arbeit“ zu verhindern. Zu den zahlreichen Unterstützern des Aufrufes zählen neben diversen Vereinen, Gruppierungen und Künstlern auch viele Bundespolitiker wie die Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse und Petra Pau, der Fraktionschef der Linken Gregor Gysi und die Grüne Bundesvorsitzende Claudia Roth. Auch Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses wie Eva Högl und Hans-Christian Ströbele rufen dazu auf, sich am 1. Mai in Berlin den Rechten entgegenzustellen.

Mittlerweile konkretisieren sich auch die Pläne für den Tag. NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke will seinen Aufmarsch ab 12 Uhr mit 500 Teilnehmern am S-Bahnhof Schöneweide (Ecke Schnellerstraße/Brückenstraße) beginnen, um dann über die Brückenstraße, Edisonstraße, Wilhelminenhofstraße zur Siemenstraße zu ziehen und von dort über Edisonstraße und Brückenstraße zurück zum S-Bahnhof (Cajamarcaplatz) zu marschieren. An dieser Stelle soll ein Abschlusskonzert mit den Neonazi-Bands „Wiege des Schicksals“ aus Mecklenburg-Vorpommern und „Brauni und Klampfe“ aus Thüringen stattfinden.

Eine zweite Kundgebung hat die NPD von 8 – 15 Uhr in Oberschöneweide an der Ecke Wilhelminenhofstraße/Edisonstraße mit 20 Teilnehmern unter dem Motto „Versammlungsfreiheit durchsetzen. Artikel 8 schützen“ angemeldet. Offenbar mit dem Ziel den Gegendemonstranten zu erschweren, von dort die Aufmarschroute zu blockieren. Ein zeitweilig in Marzahn angemeldeter Aufmarsch wurde wieder abgesagt.

Obwohl die Polizei auf einer Pressekonferenz gestern betonte, dass es allen Gegenveranstaltungen ermöglicht werden wird, in Hör- und Sichtweite gegen die NPD zu protestieren, sagte Polizeipräsident Kandt: „Ein Recht auf Blockade gehört nicht dazu.“

Dennoch will das Bündnis „1. Mai – Nazifrei“ an den Blockadeplänen festhalten. Dazu veröffentlichte es eine Aktionskarte sowie drei Treffpunkte für Gegendemonstranten:

1. Ab 09:00 Uhr am S-Bahnhof Neukölln, für alle Menschen die aus westlichen Bezirken kommen.
2. Ebenfalls ab 09:00 Uhr S-Bahnhof Ostkreuz, für alle Menschen die aus östlichen Bezirken einschließlich Kreuzberg kommen.
3. Ab 10:00 Uhr Cajarmarcaplatz am S-Bahnhof Schöneweide, für alle Menschen die aus Treptow-Köpenick kommen.

Schon im Vorfeld sind in Schöneweide vermehrt Aktivitäten von Neonazis aber auch ihrer antifaschistischen Gegner sowie der Polizei feststellbar. So wurde das lokale Bürgerbüro der Jusos in Oberschöneweide, die „Ansprechbar“ binnen weniger Tage zweimal durch Rechte attackiert und mehrere Scheiben beschädigt. Mit Plakaten und Aufklebern wurden in dieser Woche mehrere Aktivisten der rechten Szene in Schöneweide von „autonomen Antifas“ öffentlich gemacht. So fanden unter anderem im Wohnumfeld des rechten Liedermachers Gordon Bodo D., der als „Midgards Stimme“ firmiert oder bei dem NPD-Aktivisten Julian B. solche sogenannten „Outings“ statt. Vorgestern bekam dann ein 22-jähriger Neonazi in der Wilhelminenhofstraße unerwünschten Besuch von der Polizei. Er hatte im Internet ein Video eingestellt, dass zu Gewalt gegen Teilnehmer linker 1. Mai Demonstrationen aufrief. Die Ermittler beschlagnahmten unter anderem den Laptop des Neonazis, der „als Straftäter aus dem rechtsextremen Spektrum bekannt“ sei und „mit der verbotenen rechtsextremistischen Organisation „Die Unsterblichen““ sympathisiere.

Zweifelhaft war hingegen das Vorgehen der Polizei gestern, als Aktivisten der Anti-Nazi Bündnisse Plakate für ihre Veranstaltungen an Laternen in Schöneweide anbrachten. Nach Angaben der Teilnehmer „bedrohten und verfolgten gewaltbereite Neonazis die Gruppe der Antifaschist_innen und versuchten eine Auseinandersetzung zu provozieren.“ Als nach einer halben Stunde die Polizei erschienen sei, ließ sie „die Nazis weitgehend gewähren, statt ihnen Platzverweise zu erteilen.“ Dennoch konnten die Teilnehmer alle Plakate anbringen, wurden allerdings durchgehend von den Neonazis verfolgt. Eine Sprecherin sagte, die Polizei handele fahrlässig: „Der unsensible Umgang der Polizei ist Teil des Problems in Schöneweide.“

Ein Aktivist befestigt vor der berüchtigten Neonazi-Kneipe "Zum Henker" in Plakat für die Antifa-Demo am 30. April © Theo Schneider
Ein Aktivist befestigt vor der berüchtigten Neonazi-Kneipe „Zum Henker“ in Plakat für die Antifa-Demo am 30. April © Theo Schneider

Bereits am Vorabend wird in Schöneweide demonstriert. Antifa-Gruppen wollen zur Walpurgisnacht unter dem Motto „Gemeinsam gegen Nazis“ gegen die rechte Infrastruktur im Kiez, wie der Szenekneipe „Zum Henker“ und Schmidtkes Waffengeschäft „Hexogen“ protestierten. Abschluss bildet ein großes Open-Air Konzert mit den Bands Irie Révoltés, ZSK, Atari Teenage Riot DJ Set und Berlin Boom Orchestra. Beginn ist um 17 Uhr am S-Bahnhof Schöneweide.