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Rückgang rechtsextremer Vorfälle in der Schweiz

 

Aufmarsch Solothurn 2014

Die Anzahl rassistischer Ereignisse in der Schweiz geht zurück. Rund 1000 Neonazis sorgen aber nach wie vor für Aufmärsche und gewalttätige Übergriffe.

Von Fabian Eberhard

Der Täter hatte drei Promille Alkohol im Blut. Während einer Geburtstagsfeier Anfang 2013 im bernischen Huttwil in der Schweiz rastete er aus. Er schlug einen Mann aus Sri Lanka ohne Grund ins Gesicht. Kurz darauf randalierte er zusammen mit drei Freunden in einem Kebab-Stand und grölte Nazi-Parolen. Ein halbes Jahr später verurteilte die Staatsanwaltschaft den 23-Jährigen zu einer Geldstrafe in der Höhe von mehreren Tausend Franken. Grund: Angriff, Sachbeschädigung und Rassendiskriminierung.

Ein Viertel weniger rechtsextreme Vorfälle

Die rassistische Tat ist kein Einzelfall. Wie aus dem kürzlich erschienenen Jahresbericht des Schweizer Nachrichtendienstes hervorgeht, registrierten die Behörden im letzten Jahr 35 rechtsextreme Ereignisse in der Schweiz, 13 davon waren gewalttätig. Das ist rund ein Viertel weniger als im Vorjahr (46/25) und so wenig wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Schmierereien haben die Verantwortlichen nicht berücksichtigt. Der Nachrichtendienst bilanziert: „Die Lage ist ruhiger als zuvor.“ Über die letzten zehn Jahre sei die gewaltbereite rechtsextreme Szene geschrumpft. Und: „Der Rechtsextremismus ist nicht staatsgefährdend.“

Nachrichtendienst geht von 1000 gewaltbereiten Neonazis aus

Fakt ist aber auch: In der Schweiz ist nach wie vor eine organisierte, gewaltbereite Neonazi-Szene aktiv. Sie hält sich momentan jedoch bedeckt und handelt im Verborgen. Der Nachrichtendienst schätzt die Anzahl gewaltbereiter Rechtsextremer auf rund 1000 Personen. Ein Viertel davon ist nicht nur gewaltbereit, sondern auch gewalttätig.

Der Grossteil der Aktivisten lebt in den Kantonen Bern, Zürich, St. Gallen, Luzern und Aargau. „Der Rechtsextremismus ist immer noch eher ein Deutschschweizer und ein ländliches Phänomen“, schreibt der Nachrichtendienst in seinem Bericht. Als wichtigste Organisationen treten seit Jahren Blood & Honour und die Schweizer Hammerskins in Erscheinung. Sie vermögen die Szene aber nicht überregional zu bündeln.

300 Neonazis feiern in einer Berghütte

Neonazis aus dem Umfeld von Blood & Honour waren es denn auch, die den grössten Anlass der Schweizer Szene im vergangenen Jahr organisierten. In einem Berghaus ob Ebnat-Kappel im Kanton St. Gallen nahmen über 300 Personen an einem Gedenkkonzert für den verstorbenen Ian Stuart teil. Vier Bands spielten zu Ehren des ehemaligen Sänger der britischen Rechtsrock-Band Skrewdriver und Gründer von Blood & Honour.

Im laufenden Jahr dürfte sich die Anzahl rechtsextremer Ereignisse etwa im gleichen Rahmen wie 2013 bewegen. Für Aufsehen sorgte im Februar ein nächtlicher Fackelmarsch von knapp 80 Neonazis. Mit weissen Masken marschierten sie im Stile der Unsterblichen durch die beschauliche Solothurner Altstadt. An der Spitze des Umzugs trugen sie ein Transparent mit ihrer Botschaft: „Asylanten raus!“ Die Polizei kam zu spät.