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Neue NPD-Führung: Von der „seriösen Radikalität“ zum „aufgeklärten Nationalismus“

 

Symbolbild: Anfang November wählte die NPD einen neuen Vorsitzenden
Symbolbild: Anfang November wählte die NPD einen neuen Vorsitzenden

Die NPD wählte Anfang November den Saarländer Frank Franz zu ihrem neuen Bundesvorsitzenden. Die Partei entschied sich damit erneut für eine bessere Verpackung ihres völkischen Nationalismus und hofft weiter auf Erfolge.

von Felix M. Steiner

Apfel war lange das Gesicht der NPD in Sachsen
Apfel war lange das Gesicht der NPD in Sachsen

Es ist kaum ein Jahr her, dass Holger Apfel unter merkwürdigen Umständen erst von der Parteispitze und dann ganz aus der Partei gejagt wurde. Als Apfel 2011 zum Bundesvorsitzenden der NPD aufstieg, begleitete ihn Frank Franz auf dem Posten des Pressesprechers. Beide einte in ihren Konzepten, dass sie der NPD ein seriöseres, ein erfolgversprechenderes Image verpassen und sich so von den langen subkulturellen Schatten der 1990er Jahre verabschieden wollten. Der 35 jährige Saarländer Frank Franz hat es mit seinem Konzept nun an die Spitze geschafft, spricht von einem „aufgeklärtem Nationalismus“ und nicht mehr von der in der Partei verhassten „seriösen Radikalität“.

Dass Franz zum Bundesvorsitzenden gewählt wurde, dürfte nicht nur an der Hoffnung der Parteibasis liegen, die parlamentarischen Erfolge der beginnenden 2000er zu wiederholen sondern auch an fehlenden erfolgsversprechenden Gegenkandidaten. Seit mehr als zehn Jahren hat die NPD ihren Schwerpunkt auf den „Kampf um die Parlamente“ gelegt und konnte mit zeitweise zwei Landtagsfraktionen einen gewissen Erfolg verzeichnen. Eben jenen eingeschlagenen Weg will die Parteibasis weiter gehen. Die Zeiten des „Kampfes um die Straße“ scheinen ein für alle Mal vorbei. Aber auch ein fehlender erfolgsversprechender Gegenkandidat dürfte Franz auf den Posten verholfen haben. Udo Pastörs war erst gar nicht wieder angetreten und kündigte gleichzeitig an, sich nun komplett aus der Bundespolitik zurückziehen zu wollen. Gegen Franz waren am Ende mit Sigrid Schüssler und Peter Marx zwei hoch umstrittene Akteure in den Ring gestiegen, die wohl derzeit in der Partei bei weitem keine Mehrheiten mobilisieren können.

Für Franz dürfte auch die umfangreiche Unterstützung der Parteizeitung (Deutsche Stimme) hilfreich gewesen sein. So konnte wohl kaum ein Akteur der NPD sein Wollen und sein Konzept in den vergangenen Monaten so ausführlich zur Debatte stellen wie Franz. Bereits seit Juni gab es mehrseitige Interviews und Artikel, die dem Saarländer reichlich Raum ließen, um seine Vorstellungen den Parteimitgliedern darzulegen.

„Ethnische Kontinuität“, aber auf „Erfolg getrimmt“

Der neue NPD-Chef Frank Franz (l.) mit seinem Amtsvorgänger Udo Pastörs  |  © Jan Peters/dpa
Der neue NPD-Chef Frank Franz (l.) mit seinem Amtsvorgänger Udo Pastörs | © Jan Peters/dpa

Auch innerhalb der extrem rechten Szene ist Franz seit Jahren umstritten. Er gilt vielen als der „Schönling“, der den inhaltlichen Kurs der Partei aufweichen will und dem es lediglich um eine bessere Vermarktung gehe. In den Beiträgen, die der ehemalige Saarländische Landesvorsitzende vor dem Bundesparteitag veröffentlichte, zeigt er jedoch, dass seine ideologischen Vorstellungen keineswegs „weichgespült“ sind. Franz ist – wie viele in den 1960ern und 1970ern geborenen Kader – offenbar stark durch die „Neue Rechte“ geprägt. So schrieb er bereits 2011: „Auch die Forderung, sich endlich und rigoros von dem historischen Nationalsozialismus loszusagen, liegt vielen am Herzen“. Diese Distanzierung vom historischen Nationalsozialismus gibt es in Teilen der extrem rechten Szene seit Jahrzehnten. In der NPD hing die Positionierung zu diesem Thema vor allem an den vorhandenen Machtkonstellationen in der Partei. Schon rund um die Kandidatur von Andreas Molau im Jahr 2009 wurde dies in der NPD ausführlich diskutiert. Dass der Rückhalt für bekennende Nationalsozialisten in den letzten Jahren in der Partei deutlich gesunken ist, zeigt nicht zuletzt das Parteiausschlussverfahren gegen den Neonazi Thomas „Steiner“ Wulff. Grund sind auch die stattgefundenen Machtverschiebungen der letzten Jahre. Die öffentliche Distanzierung vom historischen Nationalsozialismus und seinen Symbolen gilt für viele als ein Faktor des Erfolges einer „modernen NPD“. Franz will – ähnlich wie Apfel – die NPD in „der Mitte des Volkes“ ankommen lassen: „Ich will, daß die NPD eine Volkspartei ist!“, schrieb Franz im September diesen Jahres. Seine Vorstellung einer Volksgemeinschaft jenseits von gesellschaftlichem Pluralismus liefert Franz gleich mit: „Wir unterscheiden nicht wertend in Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder in Jung und Alt. Wir sind ein Volk, das sich auch aufgrund seiner ethnischen Herkunft um seiner selbst Willen behaupten muß“, heißt es weiter. Noch kurz vor seiner Wahl zum Vorsitzenden führte Franz in einem Artikel seine völkischen Vorstellungen weiter aus:

Ein Volk kann unmöglich bestehen, wenn sein ihm innewohnender identitärer Kern zerbricht. Ein ethnischer – mithin völkischer – Bezug ist demnach nicht nur geboten, sondern zwingend erforderlich, wenn die Politik das Leben eines Volkes den natürlichen Bedingungen nach vernünftig organisieren will. Von der Familie, über die Sippe zum Volk.

Im Zuge eben jenes Denkens hat für Franz die „Massen-Integration Kulturfremder“ einen „genozidalen Charakter“.

Eine „Systemuntergangs-Rhetorik“, wie dies immer wieder in der NPD zu vernehmen war, wird sich bei Franz kaum finden lassen. Er formuliert seine Einstellung zur parlamentarischen Demokratie und insbesondere den zugrundeliegenden Werten deutlich subtiler. So heißt es in einem Artikel in der Deutschen Stimme:

[…] wir lehnen den Organisationsrahmen nicht zwangsläufig oder komplett ab, sind natürlich nicht gegen den Rechtsstaat an sich, nicht gegen die Gewaltenteilung und demokratische Entscheidungsprozesse. […] Wir halten allerdings die weltanschauliche Grundlage, auf der die realexistierende ‚Demokratie‘ oder ‚FDGO‘ der BRD basiert, für falsch.

Demokratie als Konzept ohne Wertebasis?

Der alte Pressesprecher und neue Bundesvorsitzende der NPD ist ideologisch keineswegs „weichgespühlt“. Er gehört schlicht zu einer Generation der extremen Rechten, die maßgeblich durch das Aufkommen der „Neuen Rechten“ beeinflusst ist und ihr menschenverachtendes Gedankengut weit weniger offensichtlich artikuliert. Doch aller Reformbestrebungen zum Trotz bleibt die Frage, ob Frank Franz die Hausmacht innerhalb der NPD besitzt, um seine Ideen durchzusetzen. Die NPD als Sammelbecken für verschiedenste Strömungen der extremen Rechten ist schwer zu führen und die ersten Reaktionen anderer Funktionäre lassen erkennen, dass diese mit dem Ergebnis der Vorstandswahl alles andere als zufrieden sind. Und so wird sich in den nächsten Monaten zeigen, ob dies die Basis ist, auf der die NPD von Franz „auf Erfolg getrimmt werden“ kann, wie sich dies der neue Vorsitzende wünscht.