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Brandanschlag in Barsinghausen

 

Hunderte Menschen protestieren als Reaktion gegen rechtsextreme Gewalt
Hunderte Menschen protestieren als Reaktion gegen rechtsextreme Gewalt

Bereits in der Planungsphase des neuen Flüchtlingsheims kommentierte ein Barsinghäuser auf Facebook: „Da werden eh wieder ein paar Neonazis kommen und es abfackeln… Wie immer also können sie sich das Geld auch sparen und das andere Städte erledigen lassen und uns verschonen“. Nun wurde tatsächlich ein Brandanschlag auf den Rohbau verübt.

Am Morgen des 23. Januars wurde im Rohbau des Flüchtlingswohnheims am Stadtrand von Barsinghausen ein Feuer gelegt. Dabei hatten die Täter Gasflaschen aus einem Container auf der Baustelle entwendet und diese geöffnet im brennenden Gebäude zurückgelassen. Für die Stadt steht die rasche Ermittlung der Täter im Vordergrund. Bisher gibt es jedoch keine Spur von diesen. Außerdem hält sie am Bau der Unterkunft fest, wie Bürgermeister Marc Lahmann (CDU) betont: „Der Rat der Stadt Barsinghausen hat demokratisch entschieden, an dieser Stelle ein Flüchtlingswohnheim zu bauen und dies werden wir auch tun!“

Wenige Tage nach dem Anschlag organisierte das Bündnis „Barsinghausen ist bunt“ innerhalb eine Demonstration für eine „Stadt der Weltoffenheit und Toleranz, des Mitgefühls und der tätigen Hilfe für alle, die aufgrund von Krieg, Hunger und Elend in ihrer Heimat Schutz bei uns suchen“. 1.500 Menschen folgten dem Aufruf des Bündnisses – darunter der Bundestagsabgeordnete Dr. Matthias Miersch (SPD) und die Landtagsabgeordneten Michael Höntsch (SPD) und Thomas Schremmer (Bündnis 90/Die Grünen). Auch wenn die Hintergründe der Tat noch nicht geklärt sind, wollten die Demonstranten ein deutliches Zeichen gegen die rassistischen Übergriffe auf Geflüchtete in Barsinghausen und anderswo setzen.

Das Problem heißt Rassismus

Der Bürgermeister wendete sich in seinem Redebeitrag jedoch nicht nur gegen Nazis, sondern auch gegen Linksextremisten und Islamisten, sowie gegen Brandstifter im allgemeinen. Er verwies darauf, dass dies bereits die zweite Unterkunft in Barsinghausen sei, die angezündet wurde: „Mitte letzten Jahres waren es zwei Asylbewerber, die das Asylbewerberheim in Großgoltern in Brand gesetzt haben, weil ihnen die Unterkunft nicht gut genug war. Auch dieses verurteilen wir heute aufs Schärfste, denn diese Tat hat das Leben und die Gesundheit der anderen Asylbewerber bedroht. Leider konnten die beiden aus Schwarzafrika stammenden Täter, die in Deutschland schon unter verschiedenen Identitäten registriert waren, bis heute nicht gefasst werden.“

Der Landtagsabgeordnete der SPD, Michael Höntsch, äußerte gegenüber ZEIT ONLINE sein Unverständnis zu den Äußerungen des Bürgermeisters. „Es sei nicht verständlich“, so der Abgeordnete, „aus welchem Grund Lahmann nach einem offensichtlich rechten Brandanschlag über Gewalt von Linken und Islamisten spreche. Dies sei nicht das Problem in Barsinghausen“, so Höntsch weiter. „Wem angesichts der hohen Anzahl von Brandanschlägen und gewalttätigen Übergriffen Asylbewerber in den Sinn kommen, die ihre Wohnheime anzünden, der hat nicht verstanden, worum es in der aktuellen Auseinandersetzung geht. Das Problem heißt Rassismus!“, sagte der Landtagsabgeordnete.

Geistige Brandstiftung

Das Bündnis „Barsinghausen ist bunt“ zeigt sich insgesamt zufrieden mit der Demonstration. „Demonstration hat gezeigt, das es eine große positive Kraft in der Bevölkerung gibt. Das Bündnis hat mit seinem Aufruf erstmals auch Gruppen hinter sich scharen können, die sich noch nie politisch geäußert hatten. Insoweit fühlen wir uns bestätigt als eine politische Kraft die die demokratischen Kräfte bündelt“, freut sich Organisatorin Sybille Bruchmann-Busse. Überschattet wurde dieser Erfolg jedoch von einer weiteren Brandstiftung in der folgenden Nacht. Drei Dienstwagen der Stadt brannten komplett aus, eine Scheibe des Rathauses ging durch die Hitze zu Bruch.

Zwar sind die Motive nicht bekannt, schnell wurde jedoch über eine Verbindung zu dem Anschlag auf die Flüchtlingsunterkunft spekuliert. Die Alternative für Deutschland hatte bereits vor der Demonstration vor „Aktionismus jeglicher Art“ gewarnt. Nun wirft die AfD Barsinghausen, Ronnenberg, Wennigsen dem Bündnis „Barsinghausen ist bunt“ auf Facebook „hysterische Mobilmachung“ vor. Die Demo habe „dazu beigetragen, dass es am Rathaus ebenfalls brannte“. Sybille Bruchmann-Busse findet diesen Vorwurf absurd: „Die AfD verwechselt Ursache und Wirkung“. Die Authentizität des Facebookprofils wurde laut HAZ durch den AfD-Stadtverbandsvorsitzenden Clemens Hafemann bestätigt. Inzwischen wurde der Kommentar auf der Seite der Calenberger Zeitung allerdings gelöscht.