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Kindsmorde in Brandenburg werden auf NSU-Bezüge geprüft

 

Hat der NSU also auch Kinder auf dem Gewissen? Uwe Böhnhardts DNA-Spuren wurden am Fundort der getöteten Peggy K. entdeckt. Beate Zschäpe war früher schon einmal mit Kinderpornografie in Verbindung gebracht worden. Foto: Bundeskriminalamt/dpa
Hat der NSU also auch Kinder auf dem Gewissen? Uwe Böhnhardts DNA-Spuren wurden am Fundort der getöteten Peggy K. entdeckt. Beate Zschäpe war früher schon einmal mit Kinderpornografie in Verbindung gebracht worden. Foto: Bundeskriminalamt/dpa

Hat der Nationalsozialistische Untergrund Kinder auf dem Gewissen? Nach Thüringens Polizei prüfen nun auch Brandenburger Beamte, ob es zwischen alten Fällen und dem NSU einen Zusammenhang gibt.

Von Alexander Fröhlich und René Garzke, Potsdamer Neueste Nachrichten

Potsdam – Nach Thüringen will jetzt auch Brandenburgs Polizei alte Fälle von Kindsmord und Kindesentführung auf Bezüge zum rechtsextremen Terror-Trio NSU überprüfen. Das erklärte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums in Potsdam am Mittwoch auf PNN-Anfrage. Grund ist der spektakuläre Fund von DNA-Spuren des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt am Fundort der im Jahr 2001 getöteten Schülerin Peggy K. aus Oberfranken.

Zuvor hatte bereits Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) angekündigt, die Akten zu dem ungeklärten Kindsmord an Bernd B. aus den 1990er-Jahren überprüfen zu lassen. In dem Fall stand Böhnhardt, der dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) angehörte, schon einmal im Visier der Ermittler – der Tatverdacht gegen ihn ließ sich damals jedoch nicht erhärten. Die Thüringer Polizei hat eine Sonderkommission gebildet.

Alte Fälle seit 1990 werden gesichtet

Wie viele Fälle genau in Brandenburg noch einmal von den Experten des Landeskriminalamtes (LKA) untersucht werden müssen, ist nach Angaben der Präsidiumssprecherin noch nicht klar. Derzeit verschafften sich die Ermittler noch einen Überblick, bei welchen Kindesentführungen und Kindsmorden eine Prüfung angebracht ist. Es würden alle Fälle seit 1990 gesichtet. An den Ermittlungen ist auch die 5. Mordkommission des LKA beteiligt, die sich ausschließlich um ungeklärte, teils Jahrzehnte zurückliegende Kriminalfälle kümmert.

Bereits am vergangenen Freitag hatte die CDU-Landtagsfraktion erklärt, es gebe wegen der neuen Erkenntnisse im Fall Peggy auch hier Aufklärungsbedarf. Jan Redmann, CDU-Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss und Parlamentarischer Fraktions-Geschäftsführer, hatte gesagt: „Das NSU-Trio hatte sich vorübergehend offenbar auch in Brandenburg aufgehalten.“ Daher müssten auch die hiesigen Behörden im Rahmen der Amtsermittlung die DNA der NSU-Täter mit Spuren in ungeklärten Kindesmissbrauchsfällen in Brandenburg abgleichen.

Peggys Mutter erhielt kurz nach dem Verschwinden einen beleidigenden Brief

Dass der oder die Mörder der neunjährigen Peggy aus dem rechtsextremen Milieu stammen, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden. Elf Tage nach dem Verschwinden der Schülerin 2001 erhielt ihre Mutter Susanne K. einen Brief – mit einem aus einer Zeitung ausgeschnittenen Bild von Peggy, geschrieben mit einer Schreibmaschine und ohne Absender verschickt. Der Brief sei beleidigend und „in schlimmster Weise geschrieben“, vermerkte die Polizei damals laut „Bild“-Zeitung. Sinngemäß heißt es in dem Brief, dass die Mutter ein so „arisches“ Kind wie Peggy nicht verdiene – Susanne K. war 1998 zum Islam konvertiert, trug gelegentlich ein Kopftuch.

Das DNA-Material Uwe Böhnhardts hatte die Polizei vor knapp einer Woche an einem wenige Zentimeter großen Stück Stoff entdeckt, das am Fundort der sterblichen Überreste von Peggy gefunden worden war. Eine Verunreinigung der DNA-Spur schließt das Bundeskriminalamt mittlerweile so gut wie aus.

Zschäpe wurde mit Kinderpornografie in Verbindung gebracht

Hat der NSU also auch Kinder auf dem Gewissen? Beate Zschäpe jedenfalls, die einzige Überlebende des NSU-Trios, war schon früher mit Kinderpornografie in Verbindung gebracht worden. Die Ermittlungen in den 1990er-Jahren wurden aber eingestellt, nachdem Zschäpe mit Mundlos und Böhnhardt in den Untergrund gegangen war. Ein zweites Ermittlungsverfahren war 2011 eingestellt worden – allerdings nicht aus Mangel an Beweisen, sondern weil sie gegenüber den angeklagten Taten des NSU nicht ins Gewicht fällt. Zudem waren laut BKA-Präsident Holger Münch im Wohnwagen des NSU Kinderspielzeug und eine Sandale mit einer bislang unbekannten weiblichen DNA entdeckt worden.