Gerade haben wir über die Schweizer Neonaziband Erschiessungskommando berichtet, die in einem Lied vom Mord an der Thüringer Landtagsabgeordneten Katharina König fantasiert. Doch seit gut zwei Jahren kursiert in der deutschsprachigen, rechtsextremen Musikszene auch ein Album, auf dem zum Mord an verschiedenen Schweizerischen Prominenten aufgerufen wird. Wenig subtil nennt sich die dahinter stehende Band Mordkommando und das Album läuft unter dem Titel Schwarze Liste. Auch der Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch ist einer der Tracks gewidmet.
Von Björn Resener
„Mordgedanken vernebeln den Verstand, ihr werdet es erleben: sie stirbt durch meine Hand“, schreit eine Stimme ins Mikrofon. Danach setzen weitere Stimmen zum Refrain ein und formulieren eine bestialische Vergewaltigungsszene. Es ist offenbar die sexuelle Orientierung von Corine Mauch, welche die Rechtsrocker zu diesen Gewaltfantasien motiviert. „Tief in Deinem Inneren wuchert dieser kranke Trieb“, wirft der Sänger der lesbischen Politikerin vor. Es wäre das „Volksverderben“, wenn alle Frauen so einem „ekelhaften Drang“ nachkämen und „keine Nachkommen“ in die Welt setzen würden.
Doch auch sonst hat das Album einen starken Bezug zur Limmatstadt. Das erste Lied Bomben auf Wiedikon – Kosher-City ruft zum Mord an „20.000 Parasiten“ im Kreis 3 auf. Anders als bei den meisten Rechtsrock-Alben wird hier nicht einmal versucht zu verklausulieren, dass es sich beim Hassobjekt der Musiker um Juden handelt. Die Sänger formulieren das deutlich, wünschen sich brennende Synagogen und Rabbis, die mit ihren Frauen und Kindern am Galgen hängen.
Ein weiterer Track ist dem Zürcher Anwalt Herbert Winter gewidmet. Wenig überraschend geht es dabei inhaltlich ebenfalls um den geplanten Mord am derzeitigen Präsidenten des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG). Er solle vor ein „Volksgericht“ gezerrt werden, fordert die Stimme am Mikrofon. Doch eigentlich steht auch hier das Urteil schon fest: „Du Judensau sollst endlich sterben“, bricht es voller Hass aus dem Sänger heraus. Dabei sei er nur „einer von vielen, die bald auf der Schlachtbank liegen“ würden. Am Ende des Songs werden dann noch weitere Mitglieder der SIG-Geschäftsleitung namentlich bedroht.
Vier der fünf anderen Lieder des Albums folgen dem gleichen Schema und fantasieren ebenfalls von Mord und Folter an Schweizerischen Prominenten. Sie richten sich gegen den TV-Moderator Kurt Aeschbacher, den ebenfalls offen homosexuellen Sänger Michael von der Heide, Peter René Baumann alias DJ Bobo und den als Mike Shiva bekannten Esoteriker Michel Wehner. Der letzte Song des Albums lautet Bomben auf Israel und fordert ebendiese.
Im Fall der Band Erschiessungskommando spekuliert die Antifa Bern auf ihrem Twitter-Account über personelle Überschneidungen mit der Zürcher Rechtsrockband Amok und ihrem Sänger Kevin Gutmann. Die Band gilt als Hausband der Zürcher Sektion von Blood & Honour. Gleichzeitig finden sich auf dem aktuellen Album von Erschiessungskommando deutliche Bezüge zu der Organisation.
Ausserdem pflegt die Zürcher Sektion von Blood & Honour enge Kontakte zur Neonazi-Szene in Thüringen. Erst kürzlich fand in Unterwasser ein Neonazi-Konzert mit 5.000 Teilnehmern aus dem In- und Ausland statt. Inhaber der Schankgenehmigung und Mieter des Veranstaltungsortes war der Thüringer Neonazi Matthias Melchner, der wie Kevin Gutmann in Rigi im Kanton Zürich lebt. Als einzige Schweizer Band spielte wiederum Amok. Und der Verkauf der Eintrittskarten wurde über ein deutsches Konto abgewickelt, das bereits für die Organisation eines anderen Rechtsrock-Konzertes in Thüringen verwendet wurde.
Ist es Zufall, dass die bekannteste Schweizer Rechtsrockband Amok eng mit der Thüringischen Neonaziszene verbunden ist und eine anonyme Schweizer Rechtsrockband gleichzeitig zum Mord an Thüringer Politikern aufruft? Die deutsche Justiz hat nur wenige Tage nach Erscheinen des neuen Albums von Erschiessungskommando die Ermittlungen aufgenommen und wird sich diesbezüglich sicher bald an die Schweizerischen Behörden wenden.
Bei der Band Mordkommando sind die Geschädigten jedoch allesamt Schweizerische Staatsbürger. Hier wird also keine Behörde aus dem Ausland die Ermittlungen anstossen. Dabei wäre es angebracht, die in den Texten formulierten Drohungen ernst zu nehmen. Die musikalischen Gewaltaufrufe von Rechtsrockbands haben schon oft zu tatsächlichen Angriffen geführt. Und im Juli 2015, das heisst im Jahr nach der Veröffentlichung von Bomben auf Wiedikon – Kosher-City, kam es im Zürcher Kreis 3 tatsächlich zu einem Übergriff auf einen orthodoxen Juden. Als mutmasslichen Haupttäter sieht die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl den Amok-Sänger Kevin Gutmann.