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Sprengstoffanschlag auf Chemnitzer Kulturzentrum

 

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In der Nacht zum Dienstag hat es in Chemnitz einen Sprengstoffanschlag auf das Kulturzentrum Lokomov gegeben. Die Polizei ermittelt nur wegen Sachbeschädigung. Das Kulturzentrum vermutet einen rechtsmotivierten Anschlag.

Der Verein teilt auf Facebook sowohl Fotos als auch eine erste Stellungnahme. „Eine zum Tatzeitpunkt im Gebäude befindliche Person berichtete von einem grellen roten Blitz, einem ohrenbetäubenden Knall und einer spürbaren Druckwelle. Die oder der Täter konnten unerkannt entkommen.“ Eine Schaufensterscheibe wurde aus dem Fensterrahmen auf die Straße geschleudert. Personen waren zur Tatzeit im Gebäude, doch verletzt wurde niemand. Der Sachschaden beläuft sich auf ungefähr 2.500 Euro.

Die Täter konnten unerkannt flüchten. Dennoch gibt es Hinweise auf eine rechtsmotivierte Tat. Das Kulturzentrum ist derzeit an dem Chemnitzer Theaterprojekt Unentdeckte Nachbarn beteiligt. Dieses Projekt beschäftigt sich mit der Aufarbeitung rund um den NSU-Komplex. Der neuerliche Anschlag auf das Lokomov war auch nicht der erste Einschüchterungsversuch gegenüber dem Kulturhaus. Der Eigentümer Lars Fassmann berichtet laut DPA auch noch von vorherigen Anschlägen. „Mit dem jetzigen Anschlag ist aber eine neue Qualität erreicht“, so Fassmann. In der Vergangenheit gab es unter anderem mehrfach eingeschlagene Schaufensterscheiben und Attacken mit Farbbeuteln auf das Haus. Das Kulturzentrum berichtet auch von immer mehr Nazipropaganda in ihrem Stadtteil: „Seit ein paar Monaten hinterlassen Nazis mit dem Graffiti ‚Nazikiez‘ und Aufklebern sichtbare Zeichen im Quartier.“

Erst vor vier Tagen wurde auf linksunten.indymedia ein umfangreiches Outing einer Chemnitzer Neonazigruppierung veröffentlicht, das sogenannte Rechte Plenum. Sie fielen unter anderem mit Gewalttaten und ähnlichen „Nazikiez“-Schmierereien auf. Das Outing berichtet außerdem von engen Verbindungen nach Dortmund. In eben jene Stadt, in der Rechte nach ähnlichem Muster versuchen, im Stadtteil Dorstfeld einen „Nazikiez“ zu errichten.

Die sächsische Polizei erwähnt in ihrer Pressemitteilung keinen möglichen politischen Hintergrund. Die Grünen meldeten sich umgehend in einer Pressemitteilung zu Wort. So erwartet die Chemnitzer Rathausfraktion, „dass die Polizei unverzüglich im Kontext politisch motivierter Gewalt ermittelt“. Die stellvertretende Vorsitzende Petra Zais findet es bedenklich, „dass die Polizei derzeit nur wegen ‚Sachbeschädigung‘ ermittelt.“ Aus ihrer Sicht sei bereits die Schwelle zum Terrorismus überschritten. Auch Kristos Thingilouthis, Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei, zeigt sich erschrocken über die Tat und fügt hinzu: „Schrecklicher Nachtrag: Die Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung.“