Die Serie reißt nicht ab: Wieder ist es in und um Berlin zu rechtsextremen Anschlägen gekommen. Unbekannte hinterließen Hakenkreuze an der Fassade eines Flüchtlingsheims in Waßmannsdorf und schleuderten eine Flasche in einen der Schlafräume. Erneut wurde die Jugendeinrichtung der Falken, das Anton-Schmaus-Haus in Neukölln, mit zwanzig Hakenkreuzen und dem Spruch „Ihr interessiert uns brennend“ besprüht. Zudem wurden Verweise auf das rechtsextreme Netzwerk NW-Berlin hinterlassen. In letzter Zeit war es bereits mehrfach zu Brandanschlägen und rechten Angriffen auf das Haus wie auch auf andere Einrichtungen in Berlin gekommen. Allesamt mit deutlichen Hinweisen auf die Website NW-Berlin und das Netzwerk dahinter.
Die oder der Betreiber der Seite sind über mehrere Jahre hinweg nicht ermittelt worden, obwohl es zahlreiche Hinweise gibt, wer hinter der rechtsextremen Homepage steht. Unter anderem steht der Landesvorsitzende der Berliner NPD unter Verdacht, Betreiber der Hetzseite zu sein.
Es passiert nicht nur seit Jahren nichts, sondern anstatt gegen NW-Berlin vorzugehen ermittelt das Berliner LKA gegen das Antifaschistische Pressearchiv – apabiz. Eine Rechtsextremistin zeigte das apabiz an. Das apabiz hatte in einer Broschüre über eine NPD-Kundgebung im September berichtet – und darin auch den Aktionsaufruf der Neonazis zitiert, mit Quellenangabe, nämlich der Internetseite des Berliner Nationalen Widerstands (NW). Diese ist seit Mai 2011 indiziert von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Das LKA wirft den Ermittlungsapparat im Verfahren gegen das apabiz an, die Betreiber der Nazihetzseite wurden bisher nicht ermittelt.
Desweiteren stehen Berliner Polizeibeamte unter Verdacht, Ausrüstungsgegenstände in dem einschlägig bekannten Ladengeschäft „Hexogen“ zu kaufen, dessen Inhaber der Berliner NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke ist.
Dies alles zusammen betrachtet drängt sich der Verdacht auf, dass hier falsche Prioritäten gesetzt werden und Berliner Behörden rechtsextreme Gewalt nicht ernst nehmen.
Die Homepagevon NW-Berlin ist die wichtigste Seite der rechtsextremen Szene Berlins und erfüllt informative, koordinatorische, ideologische und rekrutierende Zwecke wie die Mobilisierung von Aufmärschen, die Verleumdung von Personen und die Veröffentlichung von Adressen politischer GegnerInnen inklusive des Aufrufs zu Angriffen gegen diese. Inhaltliche dominieren die Themen Rassismus, Anti-Antifa, rechtsextremer Geschichtsrevisionismus sowie nationalsozialistische Ideenbildung.
NW-Berlin ist nicht nur die wichtigste Internetseite der rechtsextremen Szene Berlins, sondern auch ein aktionistischer und gewaltbereiter Zusammenhang. In einer für jede/n BesucherIn der Homepage zugänglichen Liste finden sich Namen und Bilder, teilweise mit Adressen, von AntifaschistInnen, JournalistInnen, AnwältInnen, MitarbeiterInnen von NGOs und demokratischen ParteienvertreterInnen. Außerdem sind unter der Rubrik „linke Läden“ Adressen und mitunter Bilder von alternativen Einrichtungen zu finden. Diese Liste wird mit den Worten beworben: „Wie sagt man doch so schön, es gibt kein ruhiges Hinterland (…) Wir hoffen, diese Informationen sind Euch im praktischen Sinne effektiv. Es ist ein notwendiges Gut, seine Nachbarn zu kennen und sich ihnen vorzustellen.“
Deutlicher kann ein Aufruf zu Gewalt gegen Personen und Einrichtungen nicht sein. Umso unverständlicher ist die Tatenlosigkeit der zuständigen Stellen. Es muss endlich konsequent gegen das Neonazinetzwerk NW-Berlin vorgegangen werden und der Innensenator muss endlich ein Verbot prüfen. Es kann nicht sein, dass in Berlin Neonazis ungehindert Angst und Schrecken verbreiten können, während Polizei und Justiz nichts unternehmen.