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Hitlergrüße und rechte Parolen in Hellersdorf nach Aufmarsch gegen Asylunterkunft

 

Das ehemalige Max-Reinhardt-Gymnasium in Berlin-Hellersdorf soll eine Notunterkunft für Flüchtlinge werden. © Theo Schneider
Das ehemalige Max-Reinhardt-Gymnasium in Berlin-Hellersdorf soll eine Notunterkunft für Flüchtlinge werden. © Theo Schneider

Die geplante Asylbewerber-Notunterkunft in Hellersdorf kommt nicht aus den Schlagzeilen: Gestern marschierten 60 Heimgegner vor der ehemaligen Schule auf, darunter bekannte Neonazis. Nach Aufrufen zu Straftaten kam es zu zwölf Anzeigen wegen Hitlergrüßen und rechten Parolen. Angebliche Pläne zu einer zweiten Unterkunft entpuppten sich mittlerweile als Falschmeldung.

Seit Bekanntwerden der Pläne, im ehemaligen Max Reinhard Gymnasium in der Carola-Neher-Straße in Hellersdorf Asylbewerber unterzubringen, hetzt eine ominöse, anonym auf Facebook agierende, angebliche „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“ gegen die Unterkunft. In einem rassistischen Flugblatt wetterte sie im Vorfeld einer Bürgerversammlung, dass den Nachbarn erspart bleiben solle, was angeblich „in fast allen Asylbewerberheimen an der Tagesordnung ist, nämlich Müll, Drogenhandel, Zwangsprostitution und schwerste Gewaltausbrüche.“ Presserechtlich verantwortlich dafür war der ehemalige NPD-Kandidat Thomas Crull. Zu der Anwohnerversammlung Anfang Juli kamen rund 800 Menschen, unter ihnen zahlreiche NPD-Mitglieder wie Landeschef Sebastian Schmidtke und die Berliner RNF-Vorsitzende Maria Fank. Es kam zu tumultartigen Szenen und zahlreichen rassistischen Wortbeiträgen. An Aufklärung war offenbar niemand interessiert, die meisten Anwesenden wollten vielmehr ihren Unmut über die Pläne ausdrucken.

Seitdem gingen die Aktivitäten der „Heimgegner“ weiter: Mit Kreide wurden Parolen wie „Nein zum Heim“ in den Straße geschmiert und vor allem im Internet Stimmung gemacht. Eine Marzahner Abgeordnete der Grünen wurde über den Facebook-Account der vermeintlichen „Bürgerinitiative“ sogar bedroht und erstattete Anzeige. Jüngst wurde ein Anwalt eingeschaltet, um die geplante Unterkunft juristisch zu verhindern: Der Jurist Jens-Georg Morgenstern, auf dessen Facebook-Account sich unter „Gefällt mir“ nicht nur die rechte Postille „Junge Freiheit“ sondern auch der Gründer des rassistischen Ku-Klux-Klan findet, vertritt auch die Gegner einer Flüchtlingsunterkunft in Reinickendorf und schwadroniert von angeblich sinkenden Immobilienpreisen und Seuchengefahr. Er forderte sogar „Flüchtlingsheime gehören grundsätzlich außerhalb von Wohngebieten.“

Seit Donnerstag streut die „Bürgerinitiative“ im Netz zudem falsche Gerüchte über eine angeblich zweite geplante Unterkunft im Bezirk. Gegenüber der Berliner Zeitung sagt eine Sprecherin des zuständigen Berliner Sozialsenators Mario Czaja: „Es gibt keinerlei Planung, das frühere Gymnasium Elsengrund zu einer Unterkunft für Asylbewerber umzubauen und zu nutzen“. Laut Marzahn-Hellersdorfs Baustadtrat Christian Gräff (CDU) seien die Falschinfos gezielt von Rechtsaußen gestreut worden, auch um den Wahlkampf zu beeinflussen, wie die Zeitung schreibt. Profitieren könnte davon in erster Linie die NPD.

Diese marschierte am vergangenen Freitag zusammen mit den „Heimgegnern“ vor der geplanten Unterkunft auf. Angeblich spontan – von einer Einzelperson erst am späten Nachmittag per Fax angemeldet – versammelten sich gegen 18 Uhr rund 60 Teilnehmer mit Schildern und einer Musikanlage hinter einem Transparent mit der Aufschrift „Das Volk sagt nein zum Heim“ in der Carola-Neher-Straße. Augenzeugen berichten von mehreren bekannten Aktivisten von NPD und „NW-Berlin“ unter den Teilnehmern. Noch vor der „Bürgerinitiative“ berichtete die Berliner JN mit Fotos von der Versammlung. Nach Angaben der Polizei, kam es „aus dem Aufzug heraus zu lautstarken Rufen mit der Aufforderung zu Straftaten.“ Direkt im Anschluss an die Versammlung musste die Polizei wieder einschreiten, „wegen des Zeigens des „Deutschen Grußes“ sowie Brüllens rechter Parolen“. Zwölf Männer erhielten Anzeigen wegen der Verbreitung von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen, wegen Beleidigung und wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Während zehn von ihnen nach einer Personalienfeststellung wieder gehen konnten, wurden zwei der Festgenommenen inhaftiert, da gegen sie auch wegen anderer Straftaten ermittelt wurde.

Laut einem Bericht eines „Antirassistischen Infoportals Hellersdorf“ kam es danach zu einem weiteren Zwischenfall: Gegen 20 Uhr „griff auf dem Alice-Salomon-Platz eine Gruppe von Nazis einige linksalternative Jugendliche an. Diese konnten sich in die umliegenden Gebäude flüchten, während die Nazis von Polizist_innen festgehalten wurden.“