Vor einem Monat eröffnete an der Podbi in Hannover ein neuer Laden. Dort würde, so hatte man den Nachbarn im Vorfeld gesagt, Sportkleidung verkauft. Tatsächlich sind die Shirts, Pullover und Hosen sportlich geschnitten und erinnern an gängige Outdoor- oder Freizeitbekleidung. Doch schon im Vorbeigehen wird klar, dass es sich bei „Tønsberg“ nicht um ein normales Klamottengeschäft handelt.
Die Schaufensterscheiben sind milchig, da sie nicht aus Glas sind, sondern aus Kunststoff und lassen sich leicht austauschen. Dahinter werden Klamotten der Marke „Thor Steinar“ verkauft. Wegen der Verwendung mehrdeutiger Symbole, die an völkische oder nationalsozialistische Motive erinnen, ist die Marke in der rechtsextremen Szene äußerst beliebt. Anwohner haben jetzt Sorge, dass sich das Geschäft zu einem Nazitreffpunkt in der Region entwickeln könnte.
Viele Anwohner fühlen sich davon eingeschüchtert. Maja von der „Initiative gegen rechten Lifestyle in Hannover“ beschreibt eine unangenehme Grundstimmung, die sich im Stadtteil verbreitet. Sie erzählt, wie Kunden des Ladens immer mehr Raum einnehmen, wenn sie beispielsweise den Gehweg für sich allein beanspruchen, indem sie zu dritt nebeneinander gehen. Aber auch, wenn sie Menschen, die in einem konkreten Fall aufgrund der Hautfarbe nicht in ihr Weltbild passen, aktiv dazu auffordern die Straßenseite zu wechseln. Die meisten weichen aus, wollen keine Konfrontation. Maja hat dafür Verständnis, will aber nicht hinnehmen, dass Rechte sich im Stadtteil breit machen. Deshalb engagiert sie sich in der „Initiative gegen rechten Lifestyle in Hannover“, die sich bereits kurz nach der Eröffnung gründete. Spontan wurden verschiedene Gruppen, Organisationen, Parteien und Einzelpersonen an einen Tisch geholt, um gemeinsam gegen den Laden zu protestieren.
Doch auf Protestaktionen sind die Mitarbeiter bei „Tønsberg“ vorbereitet, wie nicht nur die Spezialschaufenster zeigen. Sobald sich Gegnern des Ladens davor versammeln, verriegeln die Mitarbeiter zumindest kurzzeitig die Eingangstür und beobachten die Situation aus dem Inneren. Beobachtet fühlt Maja sich auch, wenn sie am Laden vorbeigeht und in die Schaufenster blickt, um nach Veränderungen zu sehen. Als sie für die „Initiative gegen rechten Lifestyle in Hannover“ in der näheren Umgebung Flyer verteilte wurde sie abfotografiert. Sie weiß, dass das in der rechten Szene ein beliebtes Mittel ist, um Nazigegner abzuschrecken. Als die Grünen eine Protestaktion vor dem Laden durchführten, wurde sogar ein Eimer Putzwasser nach ihnen geworfen.
Dennoch oder gerade deswegen will die „Initiative gegen rechten Lifestyle in Hannover“ nicht locker lassen, versichert Maja. „‚Tønsberg‘ dicht machen“ lautet das Ziel. Unter diesem Motto fand am Samstag, den 12. Oktober eine weitere Demonstration statt, an der 300 Menschen teilnahmen. Weitere Aktionen sind in Planung.