Kurz vor einer Demonstration gegen Rassismus im sachsen-anhaltinischen Merseburg ist erneut ein Mann mit Migrationshintergrund von Neonazis überfallen worden. Es ist der dritte rassistische Überfall innerhalb einer Woche in der Stadt im Saalekreis.
Zuerst erschienen beim Blick nach Rechts
Es war bereits dunkel, als ein Mann mit dunkler Hautfarbe am Mittwochabend in der Nähe des Merseburger Bahnhofs von drei mutmaßlichen Neonazis mit einem Messer bedroht wurde. Sie beleidigten ihn mit ausländerfeindlichen Parolen und zeigten den Hitlergruß. Als Personen aus dem Büro des Landtagsabgeordneten Sebastian Striegel (Grüne) eingriffen, kam es zwischen ihnen und den Angreifern zu einer Auseinandersetzung, bei der das Opfer flüchtete. Wenig später nahm die Polizei eine neunköpfige Gruppe Neonazis zwischen 18 und 22 Jahren aus Merseburg und dem Saalekreis vorläufig fest, darunter drei Frauen. Gegen sie wird wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Bedrohung und Beleidigung ermittelt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen außerdem versuchte Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt vor. Striegel bezeichnete den Überfall als „eine erneute Gewalteskalation“. Er wirke wie ein Versuch gezielter Einschüchterung all derjenigen, die mit einer Demonstration am Samstag ein deutliches Zeichen gegen rechte Gewalt und Rassismus setzen wollen. In Striegels Büro fanden zum Tatzeitpunkt die Vorbereitungen für eine Anti-Nazi-Demonstration statt, die Initiatoren werden dabei inzwischen von der Stadt unterstützt.
Hintergrund ist eine Serie von extrem rechten Aktivitäten in Merseburg in den vergangenen Monaten. Neben Graffiti, Aufklebern und Plakaten kam es zu Provokationen von Neonazis bei Veranstaltungen und einer Hetze gegen Flüchtlinge im Internet. Den traurigen Höhepunkt erreichte die Serie in den vergangenen sieben Tagen. Am Donnerstag, den 20. Februar, wurde ein 23-jähriger Somalier in Merseburg beleidigt und mit dem Kopf brutal gegen die Wand geschlagen, dabei sollen die Sätze „Neger, was machst du hier?“ und „Raus aus Deutschland“ gefallen sein. Vier Tage später wurde ein 41 Jahre alter Algerier zusammengeschlagen und beraubt, in der Polizeimeldung vom Folgetag heißt es, es lasse sich zum „jetzigen Zeitpunkt kein fremdenfeindlicher Hintergrund erkennen“. Inzwischen hat die Polizei eine fünfköpfige Sonderkommission eingerichtet, ein 31 Jahre alter Mann wurde bislang festgenommen.
Merseburgs Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU) sagte der Nachrichtenagentur dpa, in Merseburg gebe es keine starke rechte Szene. Striegel ergänzte gegenüber dem Fachmagazin Blick nach Rechts, man könne bislang zwar nicht von einer gut organisierten Szene reden. In den letzten Monaten sei jedoch zu beobachten, dass eine Szene mit „einem unglaublichem Selbstbewusstsein“ heranwachse, die in der Lage sei, sehr schnell zu agieren. Striegel sprach von einer „massiven Häufung“ bei Aktionen und Angriffen der extrem rechten Szene. Im südlichen Sachsen Anhalt werden rund 200 Personen der extrem rechten Szene zugeordnet, im Saalekreis wurden 2012 nach Angaben des Innenministeriums 154 rechtsmotivierte Straftaten registriert.
Die Demonstration “Flüchtlinge bleiben! Rassismus aus den Köpfen treiben!” beginnt am Samstag, den 1. März 2014 um 11:00 Uhr am Bahnhof in Merseburg.