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Neonazis, Rocker und „Die Rechte“

 

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Neonazi Mario Messerschmidt schickte aus der Haft Drohbriefe © Kai Budler

In dem 700-Einwohner Dorf Güntersen in Südniedersachsen mehren sich die Umtriebe von Neonazis. Nun soll in dem Dorf bei Göttingen ein Aufmarsch zu Ehren von Horst Wessel stattfinden.

Zuerst erschienen bei blick nach rechts

Vor vier Jahren war im Ortsrat von Güntersen einstimmig die Resolution „Güntersen gibt Nazis keine Chance“ verabschiedet worden. Darin hieß es. „Alte und neue Nazis werden in Güntersen keine Spielwiese für ihre menschenverachtende Weltanschauung bekommen. Wir werden genau hinschauen, wenn Nazi-Sonnenwendfeiern, so genannte Führergeburtstage oder sonstige Veranstaltungen von Neonazis in Güntersen geplant oder durchgeführt werden.“ Nicht ohne Grund, denn zu diesem Zeitpunkt war das Dorf regelmäßiger Treffpunkt von Neonazis in der Region, bei einer groß angelegten Waffen-Razzia im Jahr 2009 war auch eine Wohnung in Güntersen durchsucht worden.

Nun gerät das Dorf mit 700 Einwohnern erneut in den Blick der Öffentlichkeit, denn der Neonazi Mario Messerschmidt aus dem Bundesvorstand der Partei „Die Rechte“ hat für den 28. Februar nächsten Jahres beim Landkreis Göttingen einen Aufmarsch in Güntersen angemeldet. Geplant ist eine Kundgebung zum Gedenken an Horst Wessel mit einer Kranzniederlegung auf dem Friedhof des Dorfes. Der glatzköpfige tätowierte Messerschmidt verbrachte die letzten Jahre hinter Gittern, weil er im November 2008 in einer Table Dance Bar mit einer Pumpgun auf Antonino M. geschossen hatte, der damals noch in der Bar beschäftigt war. Noch in der Haft bedrohte Messerschmidt mit Briefen Mitarbeiter der Göttinger Kreisverwaltung und der Justizvollzugsanstalt sowie die Göttinger Organisation „Rote Hilfe“. Erst im Mai dieses Jahres wurde er deshalb zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, Messerschmidt legte Rechtsmittel ein.

Treffen der Höllenengel im Gasthof

Nun ist sein damaliges Opfer Chef der im vergangenen Jahr gegründeten „Hells Angels“ in Göttingen und mietete in Güntersen einen Gasthof an, in dem jetzt bereits das vierte Mal ein bundesweites Treffen der Höllenengel mit über 100 Teilnehmern stattfand. Vor Ort machen Gerüchte die Runde, nach denen der Gasthof an diese Kreise verkauft werden soll.

Mario Messerschmidt, der seit August dieses Jahres Mitglied im Bundesvorstand der „Rechten“ ist, war bei der jüngsten Versammlung ebenfalls zugegen. Mit seinem früheren Opfer Antonino M. versteht er sich unterdessen offenbar wieder gut, beide klatschten sich freundschaftlich ab. Bei der Geschichte von M. verwundert das nicht, denn er bewegte sich bis zum Parteiverbot Mitte der 1990er im Umfeld der „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) um Thorsten Heise. Auch während seiner Tätigkeit in der Table Dance Bar machte M. aus seiner mindestens rechtsoffenen Einstellung keinen Hehl.