Die islamfeindliche und überwiegenden von Neonazis unterstützte Initiative „Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung“ (BraMM) hat nach ihrer vierten Demonstration in Brandenburg/Havel ihren Rückzug aus der Stadt angekündigt. Schon im März soll es in Königs Wusterhausen und Fürstenwalde weitergehen – offenbar in der Hoffnung auf stärkeren Rückhalt.
Die Brandenburger Pegida-Nachahmer BraMM – „Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung“ – wird vorerst nicht mehr in Brandenburg/Havel demonstrieren. Das gab Mitorganisator Heiko Müller, der auch Landesvorsitzender und Bundesparteivize der Rechtsaußen-Partei Die Republikaner (REP) ist, am Montagabend beim sogenannten Montagsspaziergang von BraMM bekannt, an dem mehrheitlich Neonazis teilgenommen haben. Stattdessen wolle man in den kommenden Wochen in Fürstenwalde (Oder-Spree) und Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) protestieren. „BraMM lebt weiter in anderen Städten“, sagte Müller.
Tatsächlich sind die BraMM-Aktionen in den beiden Städten bereits angemeldet. Wie Sprecher der Polizeidirektionen Ost in Frankfurt (Oder) und Süd Cottbus den POTSDAMER NEUESTEN NACHRICHTEN auf Anfrage bestätigten, will die islamfeindliche BraMM am 2. März in Fürstenwalde ihren Aufzug abhalten. In den beiden darauffolgenden Wochen will BraMM dann montags, konkret am 9. und am 16. März, in Königs Wusterhausen ihren Abendspaziergang durchführen.
REP-Landeschef macht weiter BraMM und gibt Parteiposten ab
Wie berichtet hatte sich die BraMM ursprünglich nach dem Vorbild der bundesweit auftretenden Pegida-Bewegung organisiert. Gesteuert werden die Proteste maßgeblich von der Rechtsaußen-Partei Die Republikaner (REP). Deren Landesvorsitzender und Bundesparteivize Müller war stets Versammlungsleiter der bisherigen „Montagsspaziergänge“ in Brandenburg/Havel. Seine politischen Ämter bei den Republikanern möchte Müller nach eigenen Angaben im sozialen Netzwerk „Facebook“ aber zum 28. Februar niederlegen. Sein Noch-Parteikollege Andreas Jahnke, REP-Jugendbeauftragter, zeichnet sich im Impressum der BraMM-Initiative als verantwortlich.
Ihre erste Aktion in Brandenburg/Havel hatten die Organisatoren mit „Demonstration im Sinne der Pegida-Bewegung“ betitelt. Kathrin Oertel, damals noch Pegida-Pressesprecherin, hatte sich jedoch von dem vermeintlichen Ableger ihrer Bewegung distanziert. „Pegida ist und bleibt ein Dresdner Original. Wir werden gegen jeden Trittbrettfahrer vorgehen, der uns und unser 19-Punkte-Programm instrumentalisiert, beispielsweise die NPD oder die Republikaner in Brandenburg“, hatte sie mitgeteilt.
Zulauf zu BraMM gesunken – aber stramme Neonazis dabei
Mit der Zeit schwanden bei den bisherigen BraMM-Demonstrationen auch die Teilnehmer: Immer weniger Bürger kamen, vor allem Neonazis beteiligten sich, Teilnehmer skandierten „Ausländer raus“. Ende Januar gingen noch 150 Personen auf die Straße, dann waren es etwa 80 und am gestrigen Montag nur noch 70 BraMM-Anhänger, davon 60 Neonazis.
Die Brandenburger Neonazi-Kampagne „Ein Licht für Deutschland“, für die Maik Eminger – Zwillingsbruder des Mitangeklagten im NSU-Prozess André Eminger – auf einem Flyer verantwortlich zeichnete, nahm an drei der vier bisherigen BraMM-Märsche teil.
Mit Sascha L. kam auch ein in Brandenburg bekannter Neonazi zu allen vier Demonstrationen, teilgenommen hatte er aber nur an drei: Denn nachdem er am Sammelplatz der ersten BraMM-Aktion im Januar den sogenannten Kühnengruß, eine Abwandlung des Hitlergrußes, gezeigt hatte, erhielt er eine Strafanzeige wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Der heutige Berliner ist vor allem aufgrund seiner Tat vom 15. Februar 1996 kein unbeschriebenes Blatt in Brandenburg: Damals prügelte er den 23-jährigen Punk Sven Beuter in Brandenburg/Havel zu Tode, und verbüßte daraufhin wegen Totschlags eine siebeinhalbjährige Haftstrafe.
Bei den BraMM-Demonstrationen trat Sascha L. ungeachtet seiner Vergangenheit äußerst selbstbewusst auf, präsentierte sich stets mit rotem Kapuzenpulli, auf dem vorn die 88 – ein Zahlencode für „Heil Hitler“ – zu sehen ist, und pöbelte gegen Journalisten – auch nun wieder am Montag bei der BraMM-Demo, einen Tag nach dem Jahrestag seiner tödlichen Attacke.
Der Gegenprotest war immer stärker
Zu jeder der vier BraMM-Aktionen rief auch ein breites Bündnis zu Gegenaktionen auf. Zwar gingen auch hier die Teilnehmerzahlen zurück, mehr Gegendemonstranten als BraMM-Anhänger waren es trotzdem jedes Mal. An den Gegenprotesten beteiligte sich auch eine Reihe von Politikern: So zeigten unter anderem der brandenburgische Justizminister Helmut Markov (Linke) und Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) Gesicht gegen rechts. Am gestrigen Montag waren es 250 Personen, die sich den Flüchtlingsgegnern entgegenstellten. Einige Jugendliche tauchten auch am Rand der BraMM-Route auf, riefen dabei „Nazis raus!“. Einer der BraMM-Anhänger ergänzte: „… aus dem Knast.“
Warum die anderen Städte für BraMM attraktiv sind
Mit dem Umzug nach Fürstenwalde und Königs Wusterhausen hofft BraMM offenbar auf mehr Zuspruch. In beiden Städten gibt es eine gefestigte rechtsextreme Szene, in Fürstenwalde sind linke Jugendliche in den vergangenen Jahren bedroht worden, die NPD marschierte vor Flüchtlingsunterkünften auf. Neonazis aus Königs Wusterhausen werden Propagandastraftaten zugeschrieben, zudem waren sie maßgeblich an den ersten „Nein-zum-Heim“-Protesten im Herbst 2013 in Bestensee beteiligt. Auch der AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Kalbitz lebt in Königs Wusterhausen, er unterhielt enge Bande in die rechte Szene und war als Autor für als rechtsextrem eingestufte Organisationen tätig.