Die Pfarrerin Susanne Karsmeier hatte während einer rechtsextremen Propagandaaktion die Glocken der Dortmunder Reinoldikirche läuten lassen. Daraus konstruieren die Neonazis nun den Vorwurf einer Körperverletzung. Das Läuten sei ihnen zu laut gewesen und die Polizei habe ihnen während der Fastnahme obendrein auch keinen Gehörschutz gegeben, behaupten sie.
Am 16. Dezember bestiegen acht Neonazis den Turm der Reinoldikirche, zündeten dort Pyrotechnik und präsentierten ein Transparent mit der Aufschrift „Islamisierung stoppen“. Zusätzlich verteilten weitere Neonazis auf dem umliegenden Weihnachtsmarkt Flugblätter. Da die Rechtsextremen sich in dem Turm verbarrikadiert hatten, musste der Zugang zunächst durch die Feuerwehr aufgebrochen werden, bevor die Polizei alle beteiligten Neonazis festnehmen konnte.
Für die Pfarrerin Susanne Karsmeier war die Aktion in ihrer Kirche nur schwer zu ertragen. Weil die Neonazis auf dem Turm auch über ein Megaphon Parolen verbreiteten, schaltete sie das Glockengeläut ein, um sie damit zu übertönen. Karsmeier sagte, sie wollte damit deutlich machen, dass die Kirche „gegen jede Form von Diskriminierung ist“. Für dieses engagierte Handeln erhielt sie in Sozialen Medien viel Zuspruch.
Doch nun könnten ihr dafür juristische Konsequenzen drohen. Wie das Nachrichtenportal Dortmund24 berichtet, hat der Dortmunder Neonazi Michael Brück eine Strafanzeige wegen fahrlässiger bzw. gefährlicher Körperverletzung gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen. Laut der Strafanzeige sei das Läuten der Glocken für die Neonazis zu laut gewesen. Ob sich der ehemalige Jurastudent Brück von der Anzeige tatsächlich Erfolg verspricht ist unklar. Er bezeichnet in seinem veröffentlichen Schreiben die Staatsanwaltschaft als „politisch gleichgeschaltete Behörde“, ein Vokabular, welches aus dem Nationalsozialismus stammt.
Antifaschistische Gruppen bezeichneten die Kirchturmbesetzung als „gut geplante PR-Aktion“, von der sich die Neonazis eine größere Aufmerksamkeit versprechen. Denkbar ist es also, dass mit der Anzeige die Aktion nur weiterhin im Gespräch bleiben soll.
Es ist eine gängige Praxis von Rechtsextremem, politische missliebige Personen mit Hilfe von Strafanzeigen zu bedrängen, zum Teil mit erfundenen Vorwürfen. Karsmeier hat sich zu der Anzeige bisher nicht geäußert. Allerdings sagte sie bereits kurz nach dem Vorfall am 16. Dezember, dass sie sich von den Neonazis nicht einschüchtern lassen wird, da sie sonst „ihr Ziel erreicht“ hätten.