„Hamburg bleibt Deutsch“, „Kriminelle Ausländer raus“: Die Botschaften der rechtslastigen Parteien im Bürgerschaftswahlkampf 2008 gleichen sich. Allein die Wortwahl von „Deutsche Volksunion“ (DVU), „Rechte Mitte Heimat Hamburg“ (HeimatHamburg) und „Deutsche Zentrumspartei“ (Zentrum) ist unterschiedlich. Mit viel Geld bemüht sich die DVU am 24. Februar 2008 in die Bürgerschaft zu ziehen.
Ihre einzige öffentliche Wahlveranstaltung verlief aber nicht ganz nach Regie. Sonntagmittag im „Congress Centrum Hamburg“ (CCH): Im Saal 6 sind alle Stühle besetzt. Rund 200 Mitglieder und Freunde der DVU sind gekommen. Applaus kommt auf, als der Bundesvorsitzende Gerhard Frey zum Rednerpult geht. Applaus, der nicht enden will. Rufe folgen: „Frey, Frey“ und immer wieder „Frey“. Der laute Zuspruch irritiert den DVU-Chef. Zögerlich beginnt Frey über die „Politikerkaste“ zu schimpfen, wettert gegen „Korruption“ und „Missbrauch“. „Stimmt!“, „Frey hat recht“, schallt ihm entgegen. So vehement, dass Frey ins Stocken gerät. Langsam dämmert den DVU-Ordnern, dieser anhaltende Applaus kommt nicht aus den eigenen Reihen. Unter die Gäste haben sich Gegendemonstranten gemischt. Statt altbekannte Parolen gegen die DVU zu skandieren, irritieren sie durch nachhaltigen Zuspruch. Nun versuchen die Ordner aus dem Spektrum der NPD und Kameradschaften die „Störer“ herauszudrängen. DVU-Leute beginnen in den Stuhlreihen Demonstranten anzugehen. Gegenstände fliegen auf die „Störer“, sie werden geschubst und getreten. DVU-Anwalt Gerhard Frey Junior und DVU-Spitzenkandidat Matthias Faust haben Mühe, ihre Ordner und Parteimitglieder zu bremsen. Beide wissen, eine Wahlveranstaltung muss für alle öffentlich zugänglich sein. Doch erst als die Ordner mit Gewalt die „Störer“ hinausgeworfen hatten, führt Frey Senior aus, dass er auf seinen Vater und Bruder in der Wehrmacht stolz sei. Als der Ehrenredner Gerard Menuhin sprechen will, klopft es an den verhängten Scheiben des Saals im Erdgeschoss. Ein paar Gegendemonstranten sind trotz Polizeisperren bis dort hingekommen. Nahe dem CCH hatten sich an dem Tag an die 600 Gegendemonstranten versammelt. Leicht überrascht vom Lärm warnt der Sohn des bekannten Geigers Yehudi Menuhin davor: „nicht wählen zu gehen, ändert nichts“ und empfiehlt: „Wählen sie DVU“.
Die Bekanntheit des Namens ihres „Ehrenredners“ nutzte die Partei gleich zur Profilierung: „Der Sohn des Jahrhundertgeigers Yehudi Menuhin“ wird er angekündigt. Im Saal hoffen nicht bloß die Redner an alte Erfolge neu anknüpfen zu können. Ganze 190 Stimmen fehlten der DVU 1997 für den Einzug in die Bürgerschaft. Vier Jahre später gelang der rechtspopulistischen Schillpartei fast alle rechte Wähler für sich zu gewinnen. Doch das ist Vergangenheit. 2008 stellt Frey erneut die nötigen Finanzmittel für den Wahlkampf. Ohne die Millionen aus München ist die DVU kaum handlungsfähig. Der Wahlkampf 2001 an der Elbe soll die DVU rund 2 Millionen gekostet haben. Das Geld ermöglicht jetzt wieder die flächendeckende Plakatierung in dem Stadtstaat sowie massive Postwurfsendungen und große Anzeigen. Die Finanzmittel erlauben ebenso die professionelle Produktion der DVU-Wahl-DVD. In dem Film „Tatort Hamburg – Die DVU ermittelt“ warnt Faust am Hauptbahnhof vor dem Ausverkauf der Bahn, vor einer Moschee fordert er „Arbeit statt Einwanderung“, beim NDR-Rothenbaum beklagt er die Missachtung der Meinungsfreiheit und vor der Davids-Wache fordert er, wer sich nicht den herrschenden Sitten und Gesetzen anpasst, müsse raus.
Auf den DVU-Plakaten, unten links, prangt das NPD-Logo. Beide Parteien hatten vereinbart, dass an der Elbe erneut die DVU antritt. Der NPD-Landesverband trägt den Wahlkampf jedoch nicht mit. Im Web erklären Kader aber: Die NPD-Hamburg hat nichts dagegen, wenn Mitglieder der DVU helfen würden. Ein Kader meint: „jeder arbeitslose NPD Kamerad kann und darf die DVU (…) für 30 Euro pro Tag unterstützen, zumal das Geld plus Reisekosten am gleichen Tag von Herrn Faust pünktlich ausbezahlt wird“.
Im Saal 6 erklärt der NPD-Bundesvize Holger Apfel denn auch: „Deutschland muss wieder das Land der Deutschen werden, dafür stehen DVU und NPD“ und betont, dieser Pakt habe über 2009 hinaus Bestand. Hinter verschlossenen Türen räumt er am Sonntag vor dem öffentlichen Teil der Veranstaltung mit Gerüchten über Auflösung der Vereinbarungen zwischen DVU und NPD auf. Die Nutzung des CCH hatte die DVU vor Gericht erstritten. Doch, dass sie in staatlichen Räumen tagen durfte, bedeutete für sie nicht, die Öffentlichkeit die gesamte Zeit über zuzulassen. Nur bei den populistischen Wahlreden sind Nicht-DVU-Mitglieder erwünscht. Auffallend: Die rechte Konkurrenz erwähnten die DVU-Redner namentlich nicht – weder „Zentrumspartei“, noch „HeimatHamburg“.