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10.000 Menschen setzen ein starkes Signal gegen Nazis

 

Massenblockaden stoppten die nazis nach 800 Metern   © Matthias Zickrow
Massenblockaden stoppten die Nazis nach 800 Metern © Matthias Zickrow

Als Aufruferin und Teilnehmerin bei den Gegenprotesten des Naziaufmarsches am 1. Mai in Berlin bin ich froh, wie erfolgreich der Samstag verlaufen ist. Im Vorfeld des 1. Mai wurde von Seiten der Behörden und des Innensenators bezüglich der Route und Kundgebungen der Rechtsextremisten in Berlin eine „Geheimhaltestrategie“ gefahren.

Auf meine Anfrage am 22. April in der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin antwortete Innensenator Körting, dass es eine rechtsextremistische Demo ab 11 Uhr im Bezirk Pankow geben wird und er meine Auffassung teile, „dass es für das positive Image der Stadt gut ist, wenn sich in angemessener Hör- und Sichtweite zu einer solchen rechtsextremistischen Demonstration Bürger versammeln, um ihre Gegenmeinung zum Ausdruck zu bringen.“ Daher überraschte es mich, als ich am Samstag morgens um 9 Uhr im Prenzlauer Berg angekommen bin und Mühe hatte zu einer angemeldeten und genehmigten Kundgebung am S- und U-Bahnhof Schönhauser Allee zu gelangen. Die gesamte Route der Nazidemo war durch die Polizei abgeriegelt.

Dennoch gelang es einigen Gegenprotestlern am Vormittag auf die Bornholmer Straße, nahe dem Sammelpunkt der Nazis, zu gelangen und kleinere Sitzblocken durchzuführen, die aber schnell und mitunter ruppig durch die Polizei aufgelöst wurden.

Vor Ort auf der Bösebrücke waren um 12 Uhr (zur Anfangszeit der Nazidemo) lediglich rund 50 Rechte versammelt. Es hielt sich das Gerücht, dass etwa 800 Rechte Anreisen würden, aber aus Angst vor einem „zweiten Dresden“ unentschlossen seien wirklich zu kommen. Am Ende waren es keine 700 Nazis im Prenzlauer Berg und rund 300 die sich auf dem Kurfürstendamm selbstständig gemacht hatten und dort von der Polizei einkassiert wurden. Man hatte den Eindruck die Nazis waren bei ihrer Ankunft vor Ort verwirrt. Sie wurden aus der S-Bahn auf die Brücke geleitet dort mussten sie warten, bis sie alle einzeln durchs Spalier zu den Kontrollen gelassen wurden und anschließend in einem Käfig warten mussten. Die Reden der Rechten waren nicht nur wirr, sondern auch akustisch schwer zu verstehen, da Anwohner den Platz mit lauter Musik beschallten. Die Gegendemonstranten konnte man zwar von der anderen Seite der Brücke zwar nicht sehen, aber dafür umso lauter hören.

Einem größeren Zug mit Autonomen Nationalisten war das wohl zu langweilig sie sind von ihrer Brückenseite auf die Brücke gestürmt – wurden aber durch die Polizei daran gehindert weiter auszubrechen. Besonders nett war der Ruf der Polizei in Richtung der Nazis „Bleiben Sie auf der Rechten Seite“ – gemeint war natürlich die rechte Seite der Brücke.

Gegen 15.30 Uhr begannen sich die Nazis dann doch hinter drei Wasserwerfern und unzähligen Polizeiwagen in Bewegung zu setzen. Begleitet wurde der Zug durch unzählige Transparente an den Häusern mit der Aufschrift „Nazis raus“ oder durch AnwohnerInnen die ihren Unmut trommelnd auf Kochtöpfen kundtaten.

Während das alles passierte sammelten sich an verschiedenen Punkten im Prenzlauer Berg und Wedding über 10.000 GegenprotestlerInnen. Ein breites Bündnis zwischen jung und alt, AnwohnerInnen, Familien, Antifa, PolitikerInnen blockierten an mehreren Stellen die möglichen Routen der Nazidemo, so dass die Rechten nach mehreren hundert Metern eine Kehrtwende zurück zum S-Bahnhof Bornholmer Straße machen mussten. Die Gegenproteste verliefen bunt und friedlich, auch Familien beteiligten sich, was mich angesichts der Pressevorberichterstattung sehr freute.

Was bleibt ist, dass trotz der späten Bekanntgabe des Anfangspunktes der rechten Demo und dem Schweigen der Behörden über den genauen Routenverlauf so viele Menschen für Toleranz und Demokratie auf die Straße gegangen sind. Es ist ein Erfolg der Zivilgesellschaft und des Blockadebündnisses, dass die Nazis nicht weit gekommen sind. Mein Dank gilt den mehr als 10.000 Menschen, die mehrere Stunden lang, leider ohne Sicht- und Hörweite zur Nazidemo, Gesicht gegen Rechts gezeigt haben und es überhaupt erst ermöglicht haben dieses starke Signal zu setzen.