Ich bin eine treue Kundin. Habe ich einmal ein Hotel gefunden, das barrierefrei ist, stehen die Chancen gut, dass ich auch bei den nächsten 25 Reisen in diese Stadt dieses Hotel auswähle. Denn Hotels sind, was ihre Definition von Barrierefreiheit angeht, sehr kreativ.
Von „Ich dachte, die zwei Stufen sind kein Problem“ über „Ach, Sie wollten mit dem Rollstuhl auch ins Bad“ bis zu „Wir sind behindertenfreundlich, aber das heißt ja nicht, dass wir Zimmer für Rollstuhlfahrer haben“, habe ich alles schon gehört. Ich lasse mir deswegen bei jeder Buchung schriftlich bestätigen, ein barrierefreies Zimmer gebucht zu haben. Sobald es nämlich verbindlich wird, überdenken einige dann doch noch mal ihre Angaben.
Aber bevor man in ein Hotelzimmer eincheckt, muss man dort erst einmal hinkommen. Ich habe viel an Flughäfen zu tun und nutze daher oft Flughafenhotels. Diese liegen selten direkt am Flughafen, meistens etwa fünf Kilometer vom Flughafen entfernt.
Diese Woche war ich in München. Ich hatte mich zuvor über den Transfer ins Hotel informiert und das Hotel versicherte, es gebe einen barrierefreien Hotelbus. Sogar mit Rampe.
In München teilen sich mehrere Hotelketten einen Hotelbus, der dann der Reihe nach alle zugehörigen Hotels anfährt. Als der Bus kam, traute ich meinen Augen nicht. Die Angabe des Hotels war zwar richtig. Der Bus hatte ein Rampe. Dafür aber keinen Rollstuhlstellplatz. Stattdessen befand sich dort, wo sonst dieser Platz ist, ein Gepäckfach.
Ich kenne das Problem schon vom Frankfurter Flughafen. Die meisten Hotels dort haben Busse, in die ich gar nicht hineinkomme. Alternativen: Wenige.
Auch dort gibt es ein Hotel, das einen Bus mit Rampe aber ohne Rollstuhlstellplatz hatte. Als ich dort das zweite Mal übernachtete, fragte mich der Hoteldirektor, wie barrierefrei sein Hotel sei. Nicht nur fand ich toll, dass ihm das ein Anliegen war und er wissen wollte, wie zufrieden ich bin. Als ich ihm sagte, sein Hotel sei super, aber der Zubringerbus nicht, ließ er den Bus umbauen. Als ich das nächste Mal kam, war der Gepäckschrank halbiert und es gab einen Rollstuhlstellplatz. Ich weiß nicht, wie oft ich anschließend dort war, aber es waren etliche Male. Und natürlich bleibt das mein Hotel, wenn ich am Frankfurter Flughafen bin. Wie gesagt, ich bin eine treue Kundin, was Hotels angeht.
Jetzt fragen Sie sich vielleicht, warum ich mir kein Taxi nehme. Auch das habe ich bereits mehrfach versucht. Aber Sie müssten mal die Reaktionen von Taxifahrern sehen, die zwei Stunden in der Schlange am Flughafen gewartet haben, um dann eine Fahrt zum Hotel um die Ecke zu bekommen. Zwar gibt es, zumindest in Frankfurt, die Regelung, dass man innerhalb einer gewissen Zeit wieder zurückfahren darf, wenn man eine Kurzstreckenfahrt angenommen hat, ohne sich wieder zwei Stunden anzustellen, aber die Fahrer haben Angst, dass ich zu lange zum Ein- und Aussteigen brauche und sie die Zeit zur Wiedereinfahrt überschreiten. Die Sorge ist nicht ganz unberechtigt, und ich bin die Debatten mit Taxifahrern echt leid.
Für E-Rollstuhlfahrer sind Taxen gar keine Alternative, weil die Rollstühle zu schwer und zu groß für einen Kofferraum sind. Und barrierefreie Taxen sind in Deutschland rar gesät.
In den USA und Großbritannien habe ich das Problem übrigens nicht. Die Hotelbusse der großen Ketten am Flughafen Heathrow, die ich kenne, sind alle barrierefrei. Auch in den USA kenne ich nur barrierefreie Hotelbusse oder zumindest gibt es ein Standard-Verfahren, um einen barrierefreien Transport zur organisieren, wenn die Hotels wissen, dass jemand nicht gehen kann.
Das machen die Hotels weder auf der Insel noch in den USA aus reiner Menschlichkeit, sondern weil die Anti-Diskriminierungsgesetze sie dazu verpflichten. Nicht behinderten Gästen einen Hotelbus anzubieten, behinderten Gästen aber zu sagen „Sorry, geht nicht“, ist in diesen Ländern eine Diskriminierung und nicht erlaubt. Das erleichtert mir das Reisen in diesen Ländern sehr. Ich komme einfach an und fahre, wie die anderen Passagiere auch, einfach mit. Das ist Barrierefreiheit.