Londons Taxis sind legendär. Seit mehr als 300 Jahren gibt es sie. Sie haben ein markantes Aussehen und Londons Taxifahrer gelten als relativ freundlich und ortskundig. Denn für Londons Taxischein, auch „The Knowledge“ genannt, brauchen angehende Taxifahrer durchschnittlich 34 Monate.
Ich liebe Londons Taxis sehr, denn seit dem Jahr 2000 sind alle 20.000 Londoner Black Cabs barrierefrei. All diese Fahrzeuge haben Eigenschaften, die Menschen mit Behinderungen die Nutzung erleichtern. Damit ist Londons Taxiflotte wohl die barrierefreieste der Welt. Während man in anderen Städten für ein barrierefreies Fahrzeug auf einen Spezialfahrdienst zurückgreifen muss, der schwer zu bekommen und oft teuer ist, kann ich mir in London jedes Taxi am Straßenrand heranrufen und weiß, ich zahle den gleichen Preis wie alle anderen und das Taxi ist barrierefrei. Gleiches gilt für Apps, mit denen man die Black Cabs bestellen kann. Ich muss nicht einmal angeben, dass ich Rollstuhlfahrerin bin, denn alle Fahrzeuge sind ja für mich zugänglich.
Aber immerhin, zumindest New York zieht jetzt nach. Die Stadt hat vor Kurzem beschlossen, die Hälfte seiner Taxis bis 2020 barrierefrei zu machen.
Aber was genau macht Londons Taxis barrierefrei?
Die Rampe
Alle 20.000 Londoner Taxis haben eine Rampe. Sie ist entweder zum Ausklappen in den Boden eingelassen oder der Fahrer hat eine Rampe, die er im Kofferraum verstaut hat, die er dann an die Türkante anlegt. Seit ein paar Jahren sind auch Fahrzeuge vom Typ Mercedes Vito als Taxis in London zugelassen. Auch diese Wagen haben eine Rampe, die an der Türschwelle angelegt wird. Je höher der Bordstein, desto weniger steil die Rampe. In den meisten Fällen müssen die Fahrer den Rollstuhl etwas anschieben und so beim Einsteigen behilflich sein, was die meisten aber anstandslos tun. Tun sie das nicht (und haben keinen Grund dafür), riskieren sie eine Strafe oder sogar den Entzug ihrer Taxilizenz.
Alle manuellen, aber auch die meisten elektrischen Rollstühle passen in ein Londoner Taxi. Das Dach ist höher und der Innenraum sehr groß. Das hat den Vorteil, dass man den Rollstuhl nicht verlassen muss, um Taxi zu fahren. E-Rollstuhlfahrer können in normalen Limousinen gar nicht fahren, weil ihr Rollstuhl nicht in den Kofferraum passt und zudem viel zu schwer ist. Bei den Londoner Taxis ist das kein Problem. Der Fahrer klappt die Rampe aus, man fährt hinein, der Rollstuhl wird mit Gurten festgemacht – und los geht es.
Der Schwenksitz
Eine der vielleicht am wenigsten bekannten Funktionen eines Black Cabs ist der sogenannte Swivel Seat – ein Sitz, der sich nach außen schwenken lässt, um gehbehinderten Gästen das Einsteigen zu erleichtern. Zusammen mit einer zusätzlichen Stufe, die der Fahrer vor den Sitz stellt, können auch gehbehinderte Menschen damit ziemlich einfach in das Taxi steigen. Der Fahrer schwenkt den Sitz nach außen, der Fahrgast setzt sich darauf und dann wird der Sitz zurück ins Auto gedreht.
Wie das funktioniert, sieht man hier im Video:
Die Griffe
Alle Londoner Taxis haben Haltegriffe, die auch für sehbehinderte Passagiere leichter zu finden sind. Die meisten sind gelb, was in der meist schwarzen Taxiumgebung wegen des Kontrasts hilfreich ist.
Die Induktionsschleife
Für viele schwerhörige Menschen hilfreich: Die Induktionsschleife in jedem Taxi. Damit können sie die Stimme des Fahrers direkt auf ihrem Hörgerät empfangen, wenn sie es entsprechend einstellen. Das ist vor allem wichtig, weil in Londoner Taxis aus Sicherheitsgründen zwischen dem Fahrer und den Passagieren eine durchsichtige Wand ist, die es selbst für gut hörende Menschen schwierig macht, den Fahrer zu verstehen. Deshalb gibt es eine Art Gegensprechanlage in den Taxis, die mit einer Induktionsschleife ausgestattet ist.
Wieso hat London barrierefreie Taxis?
Es war die Entscheidung des ehemaligen Bürgermeisters Ken Livingstone, die Black Cabs barrierefrei zu machen. Angesichts der schlechten Zugänglichkeit der Londoner U-Bahn wollte er, dass die Menschen wenigstens Taxis und Busse nutzen können und hat den Taxis nach einer Übergangsfrist zur Auflage gemacht, barrierefrei zu werden. Genauso wie die New Yorker das jetzt auch machen.
London hat zudem ein sehr interessantes System, das zumindest einen Teil der Spezialfahrdienste ersetzt. Jeder Londoner, der stark gehbehindert oder blind ist oder aus sonstigen behinderungsbedingten Gründen nur sehr schwer oder gar nicht öffentliche Verkehrsmittel nutzen kann, kann eine Taxicard beantragen, mit der man eine bestimmte Anzahl von Fahrten im Jahr zum Preis einer U-Bahnfahrt machen kann. Die Differenz zum Taxipreis zahlt die jeweilige Londoner Gemeinde, in der man wohnt.
Und warum gibt es das in deutschen Städten nicht?
Ja, das verstehe ich auch nicht. Seit Mercedes den Vito auf den Londoner Taximarkt gebracht hat, den es eigens für London in einer barrierefreien Version gibt, kann man also in einem deutschen Taxi barrierefrei durch London fahren, aber nicht durch Berlin. Jede Stadt, die in Deutschland Taxilizenzen zu vergeben hat, könnte nicht nur regeln, dass das Taxi beige sein muss, sondern auch, dass eine bestimmte Anzahl der Taxen barrierefrei sein muss. Bis diese Zahl erreicht ist, werden nur noch Lizenzen an Fahrer mit barrierefreien Fahrzeugen vergeben. Ja, ich weiß, die Taxiunternehmen wären wenig begeistert. Das waren sie auch in London nicht, aber inzwischen haben sie behinderte Passagiere als treue Kundengruppe erkannt und der Taxicard-Vertrag ist angeblich der vom Umfang größte Taxivertrag in ganz London.