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Mit Punk­ten zu mehr Chancengleichheit

 

„Mit Punk­ten zu mehr Chan­cen­gleich­heit“ überschrieb die Christoffel-Blindenmission (CBM) ihre Pressemitteilung zum Welt-Braille-Tags am 4. Januar, der auf die Bedeutung der Punktschrift Braille für blinde Menschen aufmerksam macht. Und in der Tat hat wohl kaum eine andere Entwicklung die Chancen und vor allem Bildungsmöglichkeiten blinder Menschen so nachhaltig verbessert wie die Erfindung der Blindenschrift Braille.

Louis Braille

Erfunden wurde sie 1825 von einem jungen blinden Franzosen namens Louis Braille. Die Punktschrift ermöglicht es bis heute blinden Menschen auf der ganzen Welt mit tastbaren Punkten zu lesen und zu schreiben, vor allem in Ländern, in denen nicht jeder einen Computer hat, auf dem man eine Sprachausgabe installieren kann, die den Bildschirminhalt vorliest.

Louis Braille war seit seinem dritten Lebensjahr erblindet. Er hatte sich mit einer Ahle, einem Gerät, mit dem man Löcher stechen kann, am Auge verletzt. Beide Augen entzündeten sich, worauf Louis Braille erblindete. Dennoch wollte der Junge später unbedingt lesen lernen.

Er wurde 1809 in der Nähe von Paris geboren. Er ging erst auf eine Regelschule, aber hörte irgendwann von einer Blindenschule in Paris und hoffte, dort lesen lernen zu können. Aber auch diese Schule hatte nur sehr wenige, mit tastbaren Buchstaben ausgestattete Bücher. Die Buchstaben nahmen viel Platz weg und die Bücher waren teuer in der Anschaffung. Außerdem dauerte es sehr lange, die Bücher zu lesen, weil man jeden Buchstaben abtasten musste.

Louis Braille wollte, dass blinde Menschen so schnell lesen konnten wie Sehende. Irgendwann hörte er von einem Punkt-Strich-Codesystem, das in der französischen Armee verwendet wurde, um nachts Botschaften zu übermitteln. Die Soldaten konnten die Botschaften ertasten. Louis Braille besorgte sich diesen Code, aber dieser war immer noch sehr mühsam zu lesen. Auf jede Seite passten nur ein oder zwei Sätze.

Louis Braille entwickelte auf Grundlage des Armee-Systems ein System mit erhabenen Punkten und verzichtete auf die Striche. Für das Erstellen der erhabenen Punkte nutzte er das gleiche Werkzeug, die Ahle, mit der er sich als Kleinkind am Auge verletzt hatte. Er entwickelte ein ganzes Alphabet, bestehend aus maximal sechs Punkten pro Buchstabe.

Pädagogen waren gegen die Punktschrift

Obwohl das Punktschriftalphabet einfach zu lernen und zu verstehen war, setzte es sich lange nicht durch. Selbst als Louis Braille mit einem öffentlichen Vortrag beweisen wollte, wie schnell man Braille lesen kann, glaubten die Zuhörer, er habe den Vortrag auswendig gelernt und lese gar nicht vom Punktschriftdokument ab.

Auch von den Lehrern der Blindenschule in Paris bekam er keine Unterstützung. Der Direktor lehnte die Punktschrift sogar ab und verbot sie an der Schule, denn er war der Auffassung, dass eine Schrift, die Sehende nicht nutzen, die blinden Schüler isolieren würde. Dabei war das Gegenteil der Fall. Die Schrift verhalf und verhilft blinden Menschen bis heute sich selbstständig zu bilden und zu informieren.

Die Anerkennung der Schrift erfolgte erst 1850 als sie an französischen Blindenschulen eingeführt wurde. Deutschland brauchte weitere 30 Jahre, um die Punktschrift einzuführen bis es 1879 endlich soweit war.

Nichts über uns ohne uns

Weltweit gibt es 39 Millionen blinde Menschen, rund 90 Prozent leben laut CBM davon leben in Entwicklungsländern. Dort fehlt es häufig an Hilfsmitteln wie Computer und Vorlesegeräte, die für die meisten blinden Menschen in Deutschland mittlerweile Standard sind. Aber auch in Deutschland nutzen blinde Menschen immer noch Braille, um beispielsweise Vorträge zu halten oder einfach weil sie gerne Punktschrift lesen. Außerdem bleibt Punktschrift wichtig, um blinden Menschen Informationen zu geben, in Fahrstühlen, auf Hinweisschildern etc.

Louis Braille ist bis heute ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, nicht etwas „für“ behinderte Menschen zu tun, sondern „mit“ ihnen. Wäre es nach den Sonderpädagogen der Blindenschule gegangen, könnten blinde Menschen bis heute nicht selbstständig lesen.