Ich mag Kapuzen nicht sonderlich. Ich mag sowieso nicht gerne irgendwas auf dem Kopf haben. Und ich mag schon gar nicht, wenn mir jemand an den Kopf fasst. Das nur vorweg. Ich habe mir vor Kurzem eine schöne warme Winterjacke gekauft. Diese hat eine Kapuze, was mich nicht weiter störte. Man muss sie ja nicht aufsetzen.
Heute sah das eine Frau völlig anders. Die Frau um die 50 war mir schon in der U-Bahn aufgefallen, weil sie mich ständig anstarrte. Das kommt schon mal vor. Nun gibt es Rollstühle nicht erst seit gestern, aber es gibt immer noch Zeitgenossen, die es nicht fassen können, dass nicht alle Menschen laufen. Ich lächele diese Komischgucker dann freundlich an. Wenn sie merken, dass ich bemerkt habe, dass sie mich anstarren, hören sie meist damit auf. So war es auch bei dieser Frau.
Unerbetene Ratschläge
Und wie der Zufall es so wollte, stiegen die Frau, die mich zuvor so anstarrte, und ich an der selben Station aus. Auch sie nahm auch den Fahrstuhl. Ich zog im Lift meine Handschuhe an, denn ich wusste, ich muss eine große Straße überqueren, um ins Hotel zu kommen. Und die stand voller Wasser, da es regnete. Nicht sehr stark, aber die Straße war nass und ich wollte keine nassen Hände vom Rollstuhlfahren bekommen.
Das wiederum nahm die Frau zum Anlass, mich darauf hinzuweisen, dass es regnete und ich doch besser meine Kapuze aufsetzen sollte. Ich murmelte etwas wie „Jaja, geht schon“ und dachte, damit sei die Sache erledigt. Dass mir unbekannte Menschen aus heiterem Himmel ungefragt Ratschläge geben, bin ich durchaus gewohnt. Meist akzeptieren sie dann aber, wenn ich nicht darauf höre. Nicht so in diesem Fall.
Und bist Du nicht willig…
Ich musste, wie gesagt, eine große Straße überqueren und wartete an der Ampel, dass ich über die Straße konnte. Plötzlich merkte ich, wie von hinten jemand sich an meiner Jacke zu schaffen machte. Ich drehte mich um und da hatte mir auch schon jemand die Kapuze über den Kopf gezogen. Es war die Frau aus dem Fahrstuhl, die mich wiederum darauf hinwies, dass meine Haare nass werden, weil es ja regnete. Ich sagte ihr, immer noch freundlich, das gehe schon. Mein Weg sei nicht weit.
Dieses Argument ließ sie aber keinesfalls zu, sondern fing gerade an, die Bändel der Kapuze vorne unter meinem Kinn zuzuziehen. Wenn ich zuvor schrieb, ich mag nicht gerne, wenn Leute auf meinen Kopf fassen, impliziert das, dass das schon mal vorkommt. Und tatsächlich, es gibt erwachsene Menschen die anderen erwachsenen Menschen, nur weil diese auf Kinderhöhe sitzen statt zu stehen, auf den Kopf fassen.
Dass es aber auch Menschen gibt, die sich an meinem Hals zu schaffen machen und mich behandeln wie ein Kindergartenkind, das sich seine Jacke nicht richtig anziehen kann, ist auch für mich neu. Nach einer Schrecksekunde nahm ich also die Hände der Frau von meinem Hals und sagte ihr etwas ungehalten, dass ich durchaus in der Lage sei zu entscheiden, wie ich mich anziehe und sie solle mich in Ruhe lassen.
Wenn das jeder machen würde
Sie ging dann auch wirklich. Und ich musste, so bescheuert und übergriffig die Situation auch war, fast lachen. Nicht auszudenken, wenn mehr Menschen sich so verhalten würden, nicht nur bei Rollstuhlfahrern, sondern einfach bei jedem. Einfach mal die Kleidung eines anderen auf der Straße richten: mal einen Schal umlegen oder das Hemd des anderen weiter zuknöpfen. So lange sich das gesamtgesellschaftlich aber noch nicht durchgesetzt hat, fahre ich auch weiterhin ohne Kopfbedeckung bei Regen und wehre jeden ab, der versucht, das zu ändern.