Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Wir müssen draußen bleiben

 

„Gut gemeint“ heißt noch lange nicht „gut gemacht“. So könnte man vielleicht zusammenfassend bewerten, was gerade in Köln-Dellbrück passiert: Geschäftsleute installieren Klingeln an ihren Geschäften, die Rampen ersetzen sollen, berichtet der Kölner Stadtanzeiger. Die Geschäftsleute sollen dann, wenn ein Rollstuhlfahrer klingelt, ihm über die Stufen helfen oder ihn auf der Straße bedienen.

Stufen zu hoch

Die meisten Rollstuhlfahrer werden für das Ganze nur ein genervtes Augenrollen übrig haben, denn für viele ist das keine Lösung. Die Reaktionen auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken fielen entsprechend aus. Denn oft sind die Stufen zu hoch, um einfach mal drübergeholfen zu bekommen. Für E-Rollstuhlfahrer ist das „Über die Stufen helfen“ gar keine Option. Ein E-Rollstuhl wiegt gut und gerne mal 150 Kilo. Den hebt man nicht einfach mal ein oder zwei Stufen hoch. Auch das Bedienen auf der Straße kann nun wirklich nicht ernsthaft ein Konzept im Jahr 2015 sein. Möchte man bei Wind und Wetter vor der Tür stehen? Ohne zu sehen, was der Laden gerade im Angebot hat? Ohne Möglichkeit mit Karte zu bezahlen, weil das Gerät im Laden ist und nicht auf der Straße? Nicht wirklich.

Keine Rampe, kein Geschäft

Ich kaufe nirgendwo ein, wo ich wie ein Hund draußen bleiben muss. Ich habe sogar mal die Bank gewechselt, weil die nächstgelegene Filiale nach einem Umzug zwar eine Klingel hatte, aber keine Rampe. Man bot mir an, meine Geldschäfte auf der Straße zu machen. Es wäre problemlos möglich gewesen, für diese Filiale eine mobile Rampe anzuschaffen. Da das die Bank nicht wollte, habe ich dann mein Konto zur Konkurrenz-Bank auf die gegenüberliegende Straßenseite umgezogen.

Dabei wäre das Problem in Köln mit mobilen Rampen lösbar. Dass fest installierte Rampen dauerhaft den Gehweg versperren würden, kann ich sogar nachvollziehen. Das ist in vielen deutschen Städten so, dass der Gehweg dafür nicht breit genug ist. Aber für ein, zwei Minuten eine Rampe anzulegen, bis der Rollstuhlfahrer im Geschäft ist, wäre durchaus eine Lösung und zudem auch keine Baumaßnahme. Damit wäre auch E-Rollstuhlfahrern geholfen und niemand müsste bei Wind und Wetter auf der Straße bedient werden. Wieso sich das Ordnungsamt daran stört, wenn man für ein oder zwei Minuten der Gehweg blockiert ist, um einem Rollstuhlfahrer den Zugang zu ermöglichen, verstehe ich nicht. Die Rampe liegt da ja nicht dauerhaft.

Eine Klingel allein reicht nicht

Eine Klingel allein schafft weder Barrierefreiheit noch Inklusion. Auch ich möchte durch die Gänge eines Ladens rollen und mir die Angebote ansehen. Ich möchte die Ware anfassen und sie selber aussuchen. Ich möchte nicht auf der Straße bedient werden und ich will auch nicht, dass mich jemand über eine Stufe heben muss, weil das meist sowieso gar nicht geht und für beide – für den Helfenden und mich – oft unzumutbar ist.

„Barrierefrechheit“ kommentierte jemand auf Facebook das Klingel-Konzept ohne Rampe. Bevor das nun also in andere Stadtteile Kölns exportiert wird, wie von Vertretern der Geschäftsleute vorgeschlagen, sollte vielleicht eher das Ordnungsamt seine Haltung zu mobilen Rampen überdenken. Inklusion bedeutet, Zugang für alle zu ermöglichen, nicht, mit Bürokratie zu verhindern.