Caroline Boudets Tochter Louise ist vier Monate alt. Sie hat das Down-Syndrom. Boudet hat sich in einem Facebook-Post darüber empört, dass Menschen zu ihr sagen, ihre Louise „sei trotzdem ihre Tochter“.
Sie schreibt: „Das ist mein Baby Louise. Sie ist vier Monate alt, hat zwei Arme und zwei Beine, dicke Backen und ein Chromosom zu viel. Bitte, wenn Ihr Louise trefft, fragt ihre Mutter nicht: ‚Wie kommt es, dass das während der Schwangerschaft nicht entdeckt wurde?‘ (…)
„Louise“, nicht „trotzdem“
Erzählt der Mutter nicht, es sei ‚trotzdem ihr Baby‘. Nein, sie ist mein Baby. Punkt. Außerdem: ‚Trotzdem‘ ist ein ziemlich hässlicher Name. Ich nenne sie lieber Louise.“ Und weiter schreibt sie: „Und sagt nicht ‚Die sind alle so oder so.‘ Sie haben alle ihre Eigenschaften, Charaktere, ihren eigenen Geschmack, ihr eigenes Leben. ‚Sie‘ sind so verschieden wie Du und Dein Nachbar.“
Der Eintrag, der in Französisch und Englisch verfasst wurde, ist unterdessen fast 40.000 Mal geteilt und genauso oft auf Facebook geliket worden. Französisch- sowie englischsprachige Medien auf der ganzen Welt berichteten über den Text. 6.000 Menschen kommentierten ihn.
Worte können verletzen
Caroline Boudet ruft damit vor allem Ärzte und Krankenschwestern auf, darüber nachzudenken, was sie zu Eltern von Kindern mit Down-Syndrom sagen. „Worte könnten jemanden trösten oder verletzen“, schreibt sie. Deshalb sollte man vorher darüber nachdenken, was man sagt, bevor man redet.
Ich finde den Text sehr gut. Komplimente, die mit den Worten „trotzdem“ oder „trotz“ in Verbindung mit der Behinderung gesetzt werden, kommen fast nie als Komplimente rüber, sondern haben oft einen sehr bitteren Beigeschmack. Jüngstes Beispiel in der U-Bahn: Ich bitte eine mir fremde Frau, mir beim Einsteigen in die U-Bahn etwas abzunehmen, damit ich beide Hände frei habe, um über die Schwelle zu fahren. Aus heiteren Himmel sagt sie zu mir, als wir gemeinsam in der U-Bahn sind: „Ich finde ja toll, dass sie trotz Ihrer Behinderung so gepflegt aussehen.“
Es ist für mich nicht einfach, in solchen Situationen zu reagieren. Denn eigentlich wollte die Frau etwas Nettes sagen, aber wirklich freuen kann ich mich nicht darüber. Was meint sie denn damit? Dass eigentlich alle behinderten Menschen ungepflegt sind? Oder ist das nur ihr Bild von behinderten Menschen? Und warum „trotz meiner Behinderung“? Was hat das damit zu tun, wie gepflegt ich bin? Ich wäre genauso gepflegt oder ungepflegt, wenn ich laufen könnte.
So geht es wohl auch Eltern behinderter Kinder, die wohlmeinend gesagt bekommen, dass das ja „trotzdem ihr Kind“ sei. Wieso denn trotzdem?