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Gute Noten für inklusive Schulen

 

Von inklusiven Schulen profitieren nicht nur behinderte, sondern alle Kinder – das behaupten die Inklusionsbefürworter gerne. Aber jetzt belegt eine repräsentative Umfrage von Infratest dimap für die Bertelsmann Stiftung diese These: Eltern geben inklusiven Schulen bessere Noten als den Schulen, die Kinder mit und ohne Behinderungen getrennt unterrichten. Förderung nach individuellen Stärken und Schwächen sowie Kompetenz und Engagement der Lehrer – in allen Punkten schneiden in der Wahrnehmung der Eltern inklusive Schulen besser ab. Und zwar unabhängig davon, ob das eigene Kind behindert ist oder nicht.

Mehr als ein Drittel (36 Prozent) der rund 4.300 befragten Eltern gab an, ihr Kind besuche eine inklusive Schule. Von diesen Eltern sind 68 Prozent mit der individuellen Förderung ihrer Kinder zufrieden. Eltern hingegen, deren Kinder eine nicht inklusive Schule besuchen, sagen dies nur zu 58 Prozent. 66 Prozent der Eltern schätzen an der inklusiven Schule ihrer Kinder, dass sie dort in ihrem eigenen Tempo lernen können. Das sagen nur 58 Prozent der Eltern über die nicht inklusive Schule ihrer Kinder. Auch den sozialen Zusammenhalt an inklusiven Schulen schätzen Eltern höher ein als an nicht inklusiven Schulen (78 zu 73 Prozent). Das heißt, von der UN-Behindertenrechtskonvention, die zu mehr Inklusion im Bildungssystem verpflichtet, profitieren indirekt auch nicht behinderte Kinder.

Immer mehr inklusive Schulen

Studien der Bertelsmann Stiftung hatten in den vergangenen Jahren zudem dokumentiert, dass der Anteil der Kinder, die eine inklusive Schule besuchen, seit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention deutlich gestiegen ist. Im Schuljahr 2013/2014 besuchten 31,4 Prozent der insgesamt knapp eine halbe Million behinderten Schüler eine Regelschule. Sechs Jahre waren es nur 18,4 Prozent.

Den Lehrern an inklusiven Schulen stellen die Eltern laut Umfrage auch durchweg ein besseres Zeugnis aus als den Lehrkräften an nicht inklusiven Schulen. „Das ist ein wichtiges Zeichen für gelingende Inklusion in Deutschland“, sagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Lehrer an inklusiven Schulen gelten als kompetenter (89 zu 82 Prozent) und als engagierter (80 zu 75 Prozent). Eltern glauben, sie können gut erklären (86 zu 77 Prozent), fördern Stärken der Schüler (72 zu 60 Prozent), arbeiten an Schwächen (69 zu 53 Prozent) und unterstützen die Interessen der Kinder (72 zu 60 Prozent).

Trotzdem Skepsis bei Inklusion

Aber trotzdem ist die Einstellung, dass behinderte Kinder auf Sonderschulen gehören, noch weitverbreitet: Obwohl 7 von 10 Eltern Inklusion als gesellschaftlich wichtig einstufen, glauben 6 von 10 Befragten, dass Kinder mit Behinderungen auf Sonderschulen besser gefördert werden. Über die Hälfte der befragten Eltern sind der Auffassung, dass Kinder ohne Behinderungen auf inklusiven Schulen fachlich gebremst werden.

Haben die Eltern aber konkret Erfahrung mit Inklusion, hat das auch Einfluss auf ihre Einstellung dazu: Während 58 Prozent der Eltern ohne Inklusionserfahrung meinen, Inklusion gehe grundsätzlich auf Kosten des fachlichen Lernens, meinen das nur 44 Prozent der Eltern mit Inklusionserfahrung. Mütter und Väter, die kaum Erfahrung mit inklusiven Schulen haben, befürworten den gemeinsamen Unterricht mit Kindern mit körperlicher Beeinträchtigung zu 87 Prozent. Eltern mit Inklusionserfahrung sind zu 94 Prozent dafür.

Auf einem guten Weg

Ich halte die Umfrage für ein gutes Zeichen. Die Unterstützung der Eltern ist nicht zu unterschätzen, denn Inklusion geht nur miteinander, nicht gegeneinander. Mich wundert auch nicht, dass mit den eigenen Erfahrungen die Akzeptanz steigt. Das erlebe ich selbst immer wieder: Wer behinderte Menschen persönlich kennt, hat tendenziell weniger Vorurteile und ist offener.

In diesem Sinne muss sich die Zahl der inklusiv beschulten behinderten Kinder definitiv noch erhöhen. 31 Prozent sind noch zu wenig. In vielen anderen europäischen Ländern ist sie deutlich höher. Behinderte Kinder an Sonderschulen sind dort eine Minderheit. Das muss auch in Deutschland zu schaffen sein. Damit alle davon profitieren.