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Gebärdensprache als Wahlpflichtfach

 

In Hamburg kann man im kommenden Jahr an ausgewählten Schulen Deutsche Gebärdensprache als Wahlpflichtfach belegen. Das hat jetzt die Hamburger Bürgerschaft beschlossen. An Schulen, an denen gehörlose und schwerhörige Kinder gemeinsam mit hörenden Kindern unterrichtet werden, soll es dieses Angebot künftig geben.

Man will damit eine Brücke zwischen hörenden und gehörlosen Kindern bauen und ihnen die Möglichkeit geben, sich in der Sprache der gehörlosen Kinder zu verständigen. Drei Stunden in der Woche soll das Wahlpflichtfach Deutsche Gebärdensprache zunächst an einer Handvoll Schulen eingeführt werden.

Deutsche Gebärdensprache seit 2002 anerkannt

Das Angebot ist in Deutschland eines der ersten seiner Art. In anderen Ländern gibt es das bereits seit Jahrzehnten. Ich war mal zu Gast an einer texanischen High School, an der es Amerikanische Gebärdensprache als Unterrichtsfach gab und an der neben hörenden Kindern auch gehörlose Kinder unterrichtet wurden. Auch viele Lehrer an dieser Schule hatten zumindest Grundkenntnisse in Amerikanischer Gebärdensprache.

Obwohl die Deutsche Gebärdensprache seit 2002 in Deutschland als eigene Sprache anerkannt ist, gibt es an Schulen so gut wie keine Angebote dazu. Dabei sind Gebärdensprachkenntnisse später in der Berufswelt durchaus gefragt. Es gibt bundesweit einen Mangel an Gebärdensprachdolmetschern und auch sonst findet man durchaus Stellen, bei denen Gebärdensprachkompetenz gefordert wird.

Auch wenn die Politik diesen Aspekt vielleicht gar nicht so stark in Betracht gezogen hat, aber die Einführung von Gebärdensprache als Schulfach könnte langfristig ein Schlüssel gegen den Dolmetschermangel im Land sein. Wenn Kinder schon in jungen Jahren mit Gebärdensprache in Berührung kommen, kann das durchaus Auswirkungen auf die spätere Berufswahl haben. Viele wissen aber nicht einmal, dass Deutsche Gebärdensprache eine eigene Sprache ist und dass es dafür Dolmetscher gibt und ganze Berufszweige, die sich um die Sprache ausgebaut haben.

Schritt hin zur Inklusion

Rund 200.000 Menschen in Deutschland nutzen die Gebärdensprache. Das schließt auch hörende Menschen mit ein, die beispielsweise als Kinder gehörloser Eltern die Gebärdensprache als ihre Muttersprache beherrschen. Die Deutsche Gebärdensprache ist eine eigenständige Sprache. Die Grammatik unterscheidet sich grundlegend von der Grammatik der deutschen Lautsprache. Gebärdensprache muss gelernt werden wie jede andere Fremdsprache auch. Es hat mit Pantomime oder so etwas nichts zu tun, auch wenn das viele Menschen glauben. Insofern ist Gebärdensprache ein durchaus ernstzunehmendes Schulfach, denn genauso wie man französische Grammatik und Vokabeln lernen muss, muss man das auch für Deutsche Gebärdensprache tun.

Umso mehr enttäuscht es, dass sich die Opposition in Hamburg so gar nicht für das Schulfach begeistern kann. Die CDU stimmte gegen den Antrag. Damit stimmte sie de facto gegen Inklusion, denn die Gebärdensprachkompetenz auch bei hörenden Menschen zu verbessern ist ein Schritt in Richtung Inklusion. Außerdem ist es ein wichtiger Schritt, die Gebärdensprache aufzuwerten. Eine rechtliche Anerkennung ist gut. Aber diese Anerkennung muss auch im Alltag gelebt werden. Genau das passiert, wenn man an Schulen ein Angebot macht, diese Sprache zu lernen.