Wer blind ist, zieht am besten nach Hessen, Bayern oder Berlin. Zu diesem Schluss könnte man jedenfalls kommen, wenn man sich die Deutschlandkarte ansieht, die jetzt der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) veröffentlicht hat.
Besser in Hessen bleiben
Die Karte macht deutlich, wie unterschiedlich die einzelnen Bundesländer ihre Leistungen für blinde Menschen gestalten. Wer beispielsweise von Hessen nach Thüringen umzieht, muss mit 50 Prozent weniger Unterstützung im Monat rechnen. Auch von Berlin nach Brandenburg zieht man besser nicht, wenn man blind ist. Ebenso wohnt man ohne Augenlicht besser in Hamburg statt im benachbarten Schleswig-Holstein.
Das Blindengeld ist eine monatliche Unterstützung für blinde Menschen, ein sogenannter Nachteilsausgleich. Damit wird der behinderungsbedingte Mehrbedarf ausgeglichen. Man kann mit der Geldleistung beispielsweise Hilfsmittel kaufen wie eine sprechende Küchenwaage oder sich Texte in Blindenschrift übertragen lassen. Auch menschliche Assistenz kann mit dem Geld eingekauft werden. Zudem wird die finanzielle Belastung ausgeglichen, die Blindheit mit sich bringt. Wer beispielsweise einkaufen geht, wird nicht immer das preiswerteste Angebot finden, weil er es schlicht und einfach nicht sieht und man sich nicht darauf verlassen kann, dass ein Supermarktmitarbeiter immer die preiswerteste Alternative anbietet, um mal nur ein Beispiel zu nennen.
Das Blindengeld ist eine freiwillige Leistung des Bundeslandes, in dem man wohnt, und die Höhe ist je nach Bundesland sehr unterschiedlich. Falls man blind und sozialhilfeberechtigt ist, bekommt man für seine behinderungsbedingten Ausgaben 653,96 Euro monatlich. Das Blindengeld wird dann durch die sogenannte Blindenhilfe aufgestockt. Dafür muss Bedürftigkeit nachgewiesen werden, es gelten die Einkommens- und Vermögensgrenzen der Sozialhilfe. So darf man nicht mehr als 2.600 Euro ansparen, weder Bausparvertrag noch Lebensversicherung besitzen und über die Kosten für „eine angemessene Unterkunft“ hinaus nicht mehr als 798 Euro verdienen. Auch Einkommen und Vermögen des Partners werden herangezogen.
So sieht die Höhe des Blindengeldes in den einzelnen Bundesländern aus (Zahlen übernommen von der Karte des DBSV):
Baden-Württemberg 410 Euro
Bayern 556 Euro
Berlin 523 Euro
Brandenburg 266 Euro
Bremen 385 Euro
Hamburg 489 Euro
Hessen 562 Euro
Mecklenburg-Vorpommern 430 Euro
Niedersachsen 300 Euro
Nordrhein-Westfalen 473 Euro
Rheinland-Pfalz 410 Euro
Saarland 438 Euro
Sachsen 333 Euro
Sachsen-Anhalt 320 Euro
Schleswig-Holstein 300 Euro
Thüringen 270 Euro
„Die deutsche Blindengeldlandschaft ist ein Flickenteppich aus willkürlich zusammengestoppelten Regelungen“, bringt DBSV-Präsidentin Renate Reymann es auf den Punkt. Dabei ist das Blindengeld die wichtigste Unterstützungsleistung für blinde Menschen in Deutschland – und doch wurde es landauf landab immer wieder gekürzt und beispielsweise in Niedersachsen für zwei Jahre sogar komplett gestrichen. Wer auf die einzelnen Bundesländer auf der DBSV-Karte klickt, kann sehen wie der Verlauf im jeweiligen Bundesland in den vergangenen Jahren war.
Eine einheitliche Regelung muss her
Für den DBSV besteht dringender Handlungsbedarf, die Leistungen bundesweit anzugleichen: „Eine gerechte, bundesweit einheitliche Lösung ist schlicht und ergreifend überfällig“, so die Verbandspräsidentin Reymann. Und damit hat sie zweifelsohne recht. Denn es ist nicht wirklich günstiger, blind in Brandenburg zu sein, als in Berlin. Eine sprechende Waage kostet in ganz Deutschland in etwa das gleiche. Warum dann nicht alle die gleichen Leistungen bekommen, ist nicht nachvollziehbar.