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Mangelware barrierefreier Wohnraum

 

„Weißt Du zufällig, wo man für behinderte Flüchtlinge barrierefreien, bezahlbaren Wohnraum finden könnte?“ Diese Frage bekam ich so oder so ähnlich in den letzten Tagen öfter gestellt. Nein, ich weiß es leider nicht. Ich befürchte, es gibt ihn nicht oder zumindest bei Weitem nicht in ausreichendem Maße. Nicht in Deutschland, nicht in Österreich. Nicht für behinderte Flüchtlinge und auch nicht für behinderte Menschen, die schon immer hier leben. Denn es wurde jahrzehntelang versäumt, barrierefreien Wohnraum zu schaffen.

Abenteuer Wohnungssuche

Jeder, der schon mal im Rollstuhl oder als gehbehinderter Mensch auf Wohnungssuche war, kennt das Problem: Eingänge haben Stufen, Fahrstühle sind zu klein oder erst gar nicht vorhanden, von geeigneten Bädern ganz zu schweigen. Selbst bei neu gebauten Objekten kann man längst nicht davon ausgehen, dass barrierefrei gebaut wird – entweder weil Bauordnungen grob missachtet werden und es keinen interessiert oder weil die Bauordnungen der Länder teilweise einfach nicht streng genug sind, was Barrierefreiheit angeht. Ein weiteres Problem: Änderungen bei bestehenden Wohnungen und Häusern sind die absolute Ausnahme, selbst wenn diese nicht viel kosten würden, beispielsweise wenn nur ein oder zwei Stufen entfernt werden müssten und man eine Rampe bauen könnte.

Für so manchen Lokalpolitiker wird die gestiegene Nachfrage nach barrierefreiem Wohnraum ein unschönes Erwachen sein. Hat man dieses Problem jahrzehntelang ignoriert, sind es nun die Flüchtlinge, die uns den Mangel vor Augen führen könnten. Unter den Flüchtlingen sind einige, die beispielsweise im Krieg ihre Beine verloren haben, die querschnittgelähmt sind und andere Kriegsverletzungen haben. Hinzu kommen die Flüchtlinge, die es trotz hohen Alters und/oder Behinderung geschafft haben, nach Europa zu fliehen. All diese Menschen brauchen barrierefreie Wohnungen. Genauso wie die vielen alten und behinderten Menschen, die jetzt schon danach suchen und sie nicht finden.

Barrierefreier Wohnraum ist oft teuer

Und selbst wenn man eine barrierefreie Wohnung gefunden hat, ist sie oft nicht bezahlbar, vor allem nicht für Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind oder von einer kleinen Rente leben. Denn die Wohnungen müssen oft größer sein, wenn man sich mit einem Rollstuhl darin bewegen will und es sind oft Neubauwohnungen, die auf dem freien Wohnungsmarkt eben teurer sind als eine Wohnung im Hochparterre oder 2. Stock eines Rotklinker-Mehrfamilienhauses.

Das Problem ist, kurzfristig wird man den Wohnraum nicht schaffen können, aber mittelfristig sehr wohl. Und zwar nicht nur, indem man neu baut, sondern indem man auch semi-barrierefreie Wohnungen umbaut. Anders wird es nicht gehen. Es müssen Stufen entfernt, Rampen gebaut, Treppenlifte eingebaut, Bäder geändert, Türen verbreitert werden. Mir ist schon klar, dass das alles Geld kostet, aber damit bezahlen wir jetzt die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte. Barrierefreier Wohnraum, der bei der Planung bereits berücksichtigt wird, ist nicht signifikant teurer als nicht barrierefreier Wohnraum. Aber man muss ihn halt von Anfang an so planen. Wer das versäumt, zahlt eben hinterher drauf.

Barrierefreies Bauen als Pflichtfach

Und weil der Bedarf an barrierefreiem Wohnraum in den kommenden Jahren eher steigen wird – weil es auch ohne die Flüchtlinge immer mehr alte, gebrechliche und behinderte Menschen gibt – dürfte eigentlich auch jetzt schon kein angehender Architekt die Hochschule verlassen, der nicht wirklich weiß, wie man barrierefrei baut und plant. Aber das passiert leider immer noch viel zu häufig. Nicht an jeder Hochschule ist barrierefreies Planen eine Pflichtveranstaltung für Architekturstudenten. Wenn wir also weiterhin Architekten ausbilden, die nicht wissen, wie man behindertengerecht plant, werden wir die Wohnungsproblematik für Menschen mit Behinderungen auch in den kommenden Jahren nicht in den Griff bekommen.