Jewel Shuping ist blind. Damit hat sie sich ihren Lebenstraum erfüllt. Ja, was sich für die meisten Menschen unglaublich anhört, war tatsächlich der Wunsch der 30-Jährigen: Sie wollte seit ihrer Kindheit blind sein. Jewel Shuping hat eine psychische Erkrankung, die sich Body Integrity Identity Disorder (BIID), zu deutsch Körperintegritätsidentitätsstörung, nennt. Menschen, die diese Erkrankung haben, wünschen sich nichts sehnlicher als behindert zu sein. Über Jewel Shuping berichten weltweit Medien.
Blind durch Rohrreiniger
Mit Rohrreiniger hat sie sich absichtlich die Augen verätzt. Erst konnte sie im Krankenhaus noch etwas sehen, aber sechs Monate nach der Verätzung trübte sich ihr Blick immer mehr. Bereits mit 18 hatte sie gelernt, mit einem Blindenlangstock zu gehen. Mit 20 konnte sie die Blindenschrift Braille lesen.
Wenn man selbst eine Behinderung hat, stößt man früher oder später auf dieses Thema. Neben Wannabes, den Menschen die gerne behindert wären, gibt es auch Pretenders, also Menschen, die so tun als seien sie behindert. Pretenders fahren zum Beispiel Rollstuhl, obwohl sie es gar nicht müssten.
Bevor Sie jetzt Ihren Nachbarn verdächtigen, doch gar nicht auf den Rollstuhl angewiesen zu sein: Die Gruppe ist sehr klein und viele setzen sich nur für kurze Zeit in den Rollstuhl, zum Einkaufen zum Beispiel. Der Alltag eines Rollstuhlfahrers ist ihnen nämlich oft zu unbequem – eine geeignete Toilette finden, nicht mehr in jede Kneipe gehen können, an der Bordsteinkante hängen bleiben – das lässt manche dann doch recht schnell wieder aufstehen. Aber noch mal, nicht alle Menschen, die nur zeitweise im Rollstuhl sitzen, geben vor, eine Behinderung zu haben! Viele Behinderungen verlaufen in Schüben und die Menschen haben Tage, an denen sie gut gehen können und an manchen gar nicht.
Im Rollstuhl durch die Fußgängerzone
Wie geht man aber mit Menschen um, die die eigene Behinderung nur vorspielen oder sie sich selbst zufügen, wenn man selbst behindert ist und es sich nicht ausgesucht hat? Das ist sicherlich sehr individuell, aber nach einer anfänglich empfundenen Empörung, schaffe ich es nicht mehr wirklich, mich über sie aufzuregen. Zumal BIID eine ernstzunehmende Erkrankung ist, für die die Menschen nichts können. Die Betroffenen schaden sich selbst gesundheitlich massiv und riskieren teilweise ihre Leben, um ein Körperteil oder einen Sinn loszuwerden.
Ich las von einer Frau, die versuchte, sich ihre Beine in einer Eiswanne abzufrieren. Andere legen sich auf Bahngleise, um sich die Beine abtrennen zu lassen oder versuchen sich auf abenteuerliche Weise das Rückgrat zu brechen. Alles mit einem Ziel: Sie wollen eine dauerhafte Behinderung. Dabei scheint es einigen nicht zu genügen, sich einen Rollstuhl zu kaufen und darin durchs Leben zu fahren, sondern sie möchten einem Teil ihres Körpers ernsthaft Schaden zufügen.
Mit den Pretenders habe ich schon mehr Probleme. Ich werde einfach ungern belogen und sie nutzen Ressourcen für behinderte Menschen, die sie eigentlich gar nicht bräuchten. Andererseits, wenn es jemand toll findet, im Rollstuhl durch die Fußgängerzone zu fahren, soll er das tun, auch wenn ich es nicht nachvollziehen kann. Ich würde mir beim Einkaufen manchmal wünschen, weniger Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, aber es scheint Menschen zu geben, die genau diese Aufmerksamkeit brauchen.