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Warten in Tegel

 

Wenn man etwas als Rollstuhlfahrerin braucht, dann sind es Zeit und Geduld. Eigentlich müsste man mit Aushändigung des Behindertenausweises auch gleich eine Stunde mehr Zeit auf das tägliche Zeitkonto verbucht bekommen. Man wartet eigentlich ständig auf irgendwas: dass einem der Hintereingang geöffnet wird, dass der Behindertenparkplatz frei wird, oder aber auch darauf, endlich das Flugzeug verlassen zu dürfen.

Maximal 20 Minuten

Dabei hat die EU eigentlich ziemlich klar geregelt, was behinderte Reisende von den Flughäfen erwarten können, die die Assistenz organisieren müssen. Nicht länger als 20 Minuten nach der Ankunft im Flugzeug zu sitzen, gehört jedenfalls dazu. Aber dass in Berlin flughafentechnisch einige Uhren anders ticken, ist ja bekannt. Und so verbrachte ich am Sonntagabend nach der Landung der Maschine rund 30 Minuten im Flugzeug. Ich bin das schon gewohnt. Tegel ist keine Ausnahme. Das macht es allerdings nicht besser. Meist ist die Crew aber sehr nett. Die Flugbegleiter entschuldigen sich oft überschwänglich, obwohl es gar nicht ihre Schuld ist. Wie gesagt, die Verantwortung dafür liegt innerhalb der EU bei den Flughäfen, nicht mehr bei den Fluggesellschaften wie früher.

Warten auf die Einreise

Nach 30 Minuten war dann endlich der Hubwagen da, außerdem hatten wir eine Außenposition. Weil ich aus London kam, musste ich durch die Passkontrolle. Aber nach meiner Maschine wurde erst einmal keine Nicht-Schengen-Maschine erwartet, und so war es wenig überraschend, dass an den Einreiseschaltern kein Bundespolizist mehr war.

Ich konnte also erst einmal nicht einreisen, denn der Assistenzmitarbeiter sagte, ich dürfe da jetzt nicht so einfach durch. Dann fing er an, zu telefonieren. Es kam erst einmal niemand. Er sagte, er würde meinen Koffer holen, sonst sei der weg. Ich blieb brav hinter der gelben Linie stehen, meinen Pass in den Händen, und wartete auf jemanden, der ihn endlich kontrollieren könnte.

„Die brauchen immer recht lange“, sagte mir der Mitarbeiter. „Personalmangel.“ Und ich sah meinen Abend dahinschwinden. Ich war seit 45 Minuten in Deutschland, nur von deutscher Effizienz war weit und breit nichts zu sehen. Und so stand ich weiterhin im Niemandsland zwischen Vorfeld und Gepäckband.

Es dauerte etwa eine Viertelstunde, dann kamen endlich zwei Beamte der Bundespolizei, klappten in Sekundenschnelle meinen Pass auf und wieder zu. Kein Einlesen des Passes (die Computer waren ja auch schon alle ausgeschaltet), nur ein freundliches „Danke schön“.

Eine Stunde nach Landung stand ich dann endlich am Taxistand, und es kam, wie es kommen musste: Der erste Taxifahrer behauptete, mein Rollstuhl passe nicht in seinen Kofferraum, der zweite ließ mich kommentarlos stehen, der dritte nahm keine Karte. Und wieder waren zehn Minuten um. Dann hatte ich echt die Faxen dicke und fuhr mit dem Bus und der U-Bahn zum Hotel.

Zur Veranstaltung kam ich gerade noch pünktlich. Zweieinhalb Stunden sind in Berlin eine Menge Zeit, um aus einem Flugzeug zu einer Veranstaltung zu kommen, jedenfalls dann, wenn man dort auf zwei Beinen hingeht. Im Rollstuhl könnte es knapp werden, habe ich gelernt.