Die richtige Ansprache politischer Zielgruppen im Internet wird ja derzeit viel diskutiert. Die Parteien erkennen unterdessen, dass auch behinderte Menschen Wähler sind und sogar medial Einfluss nehmen können, wenn ihnen etwas nicht passt. Gerade in diesem Jahr hat sich gezeigt: Wer eine Minderheit zu lange ignoriert, lässt sie am Ende ziemlich laut werden.
Der Rollstuhlfahrer, der keiner ist
Nun gehören zur Zielgruppenansprache auch passende Bilder. Die SPD-Bundestagsfraktion bewirbt gerade ihr von vielen Seiten schwer kritisiertes Bundesteilhabegesetz, das der Bundestag gerade verabschiedet hat und das in der kommenden Woche noch durch den Bundesrat muss.
Zu sehen ist auf dem Bild der Facebook-Kampagne ein behinderter Handwerker im Rollstuhl. Einziges Problem: Jeder, der sich nur ein bisschen mit Rollstühlen und ihren Besitzern auskennt, sieht, dass dieser Mensch nicht behindert ist. Woran man das erkennt? Als Erstes am Rollstuhlmodell. Es wird vorwiegend in Krankenhäusern, an Flughäfen oder in sonstigen Einrichtungen eingesetzt, wo Rollstühle nur kurz ausgeliehen werden. Man sitzt darin nämlich nicht sonderlich bequem, weil solch ein Standardrollstuhl nicht auf den Benutzer zugeschnitten ist. Zudem nutzen ihn oft ältere Menschen, die zwar noch gehen können, aber für längere Strecken gerne sitzen. Junge, fitte Rollstuhlfahrer, die einem Handwerksberuf nachgehen, besitzen solche Rollstühle nur sehr selten.
Falsche Sitzhaltung
Und noch weitere Indizien gibt es dafür, dass dieser Mensch nicht in diesen Rollstuhl gehört. Er sitzt genau so da, wie ein Mensch, den man mal kurz in einen Rollstuhl setzt, um ein Foto zu machen: Füße ganz gerade auf dem Fußbrett, Knie parallel zueinander. So sitzt man auf einem Stuhl, auf dem man noch nie gesessen hat. Und wem das noch zu wenig Argumente sind, den überzeugt vielleicht die Tatsache, dass der junge Mann sich auch auf diversen anderen Bildern einer Bilddatenbank wiederfindet, in immer anderen Lebenslagen und keineswegs nur im Rollstuhl.
Wie man es nicht macht
Die SPD möchte also behinderte Wähler ansprechen, gaukelt ihnen vor, man zeige einen von ihnen. Merkt ja keiner. Nun ja. Die derart Verschaukelten merken es doch und melden sich auf Facebook zu Wort, weil sie sich für dumm verkauft und nicht ernst genommen fühlen.
Absolutes Eigentor der SPD. Man bebildert auch keine Kampagne zu Lohngerechtigkeit für Frauen mit einem Mann in Frauenkleidern. Frauen werden in der Werbung allerdings ständig angesprochen. Die Ansprache von behinderten Menschen müssen alle wohl noch ein bisschen üben. Als ersten Schritt würde ich empfehlen, Bilder mit falschen Behinderten auf die Geht-gar-nicht-Liste zu setzen.
Damit steht fest: Praktisch unwählbar, diese SPD!
Es kann durchaus vorkommen, dass eine Frau, die in einer Bebilderung für eine Kampagne für Lohngerechtigkeit zu sehen ist, einen gerechten Lohn bekommt. Und wer weiß schon, ob George Clooney wirklich Nespresso mag?
Chillt einfach mal. Stellt Euch vor: die Toten im Krimi sind auch nicht wirklich tot.
„Bilder mit falschen Behinderten auf die Geht-gar-nicht-Liste zu setzen. “
Yeaph, dem kann ich nur zustimmen. Selbst ein Fake machen, während überalldie Fakes beklagt werden ist schon ein sehr starkes Stück.
Ja und? Es ist halt ein Stock Foto. So eins, wie es tagtäglich millionenfach benutzt wird. Und da kann der engagierte Laie schon mal übersehen, dass es kein wirklicher Rolli Fahrer ist.
Soviel dann zu political correctness die fehl am Platz ist. Freuen sie sich doch einfach, dass der SPD das am Herzen liegt, anstatt sich über so eine Kleinigkeit aufzuregen. Aber ich möchte ihnen gerne ein Fleißkärtchen schenken, weil sie dieses unwichtige Detail so toll recherchiert haben und vollständige Sätze darüber geschrieben haben.
Meine Güte…es ist ein Foto.
Kommt jetzt als nächstes die Beschwerde, dass die Modells nicht immer im Badeanzug rumlaufen?
Ich verstehe ja, dass es hier um ein sensibles Thema geht…aber in dem Fall: Vermutlich wurde einfach wahllos ein shutter-stock Video genommen und fertig ist die Sache.
Dramatisch?
Schon wieder eine Schmutzkampagne gegen die SPD die komplett ignoriert was eigentlich der Inhalt war…und sich nur auf das Bild fixiert. Toll…
Kann sich noch jemand an das gefakte Schachspiel zwischen Helmut Schmidt und Hans Steinbrück erinnern? Trauriger Haufen, diese SPD.
Scheinbar ist das SPD-Marketing „anderweitig begabt“.
„Geht-gar-nicht-Liste“ ist übrigens im Zusammenhang mit Rollstuhlfahrerbildern sher treffend.
Ich muss sagen, dies gehört zu den Dingen, die mich kaum weniger interessieren könnten. Als nächstes erfahren wir dann, dass die Models gar nicht die Partei wählen, für die sie werben? Werbung ignoriert man einfach und setzt sich nicht mit ihr auseinander.
Die angesprochene Wählergruppe – behinderte Menschen – interessiert das aber. Die fühlen sich nicht ernst genommen. Wenn man die erreichen will, muss man anders agieren. cl
„Der Rollstuhlfahrer, der keiner ist“
Macht nüscht oder paßt eigentlich ganz gut; in der SPD gibt es schließlich auch jede Menge Sozialdemokraten, die gar keine sind.
Viele Rollis sind mit dem Btg immer noch unzufrieden. Der Freibetrag ist immer noch zu niedrig und die Möglichkeit persönliche Assistenz zu nehmen, ist ohne sein „Vermögen “ aufzubrauchen immer noch praktisch unmöglich.