Am Wochenende war ich in Wien auf dem „Voices for refugees“-Konzert. Mehr als 100.000 Menschen waren zum Heldenplatz gekommen. Gänsehaut pur. Unter anderem traten die Toten Hosen, Konstantin Wecker und Conchita Wurst auf.
Es ist noch gar nicht so lange her, da reagierten Konzertbesucher sehr irritiert, wenn sie Rollstuhlfahrer bei Konzerten sahen. Weder gab es Rollstuhlplätze oder Bereiche, von denen man gut sehen konnte, noch barrierefreie Toiletten. Auf einem Konzert beim Hafengeburtstag in Hamburg sagte mal jemand zu mir, ob ich ernsthaft glaube, dass dieses Fest der geeignete Ort für mich sei. Ja, fand ich schon, aber nach solchen Sprüchen fällt es selbst mir manchmal schwer, den Abend weiter zu genießen.
Nicht nur organisieren, auch kommunizieren
Unterdessen ist es aber europaweit Normalität geworden, dass auch Rollstuhlfahrer und andere behinderte Menschen zu Konzerten gehen. Am Wochenende sah ich bei dem Konzert allein in dem Bereich, in dem ich stand, etwa zehn andere Rollstuhlfahrer. Auf dem ganzen Platz müssten es hundert oder mehr gewesen sein. Auch blinde Menschen habe ich auf dem Konzert gesehen.
Für gehörlose Besucher gab es auf der Bühne eine Übersetzung in Gebärdensprache, leider nicht auf den Großbildleinwänden. Von der Ferne (und ich stand sogar fast in der ersten Reihe) konnte man kaum erkennen, was da gebärdet wurde. Gehörlose Freunde erzählten mir hinterher, sie seien zwar dort gewesen, hätten aber gar nicht gewusst, dass vorne gedolmetscht wurde. Es genügt manchmal nicht, Dinge barrierefrei zu organisieren, man muss diese Maßnahmen im Vorhinein auch kommunizieren.
Plattformen und Toiletten
Aber gut ist, Konzertveranstalter stellen sich zunehmend darauf ein, dass auch behinderte Menschen zu ihren Konzerten kommen wollen. Immer öfter gibt es erhöhte Plattformen für Rollstuhlfahrer. Diese haben zwar den Nachteil, dass man sich oft vorkommt, als sei man vom Rest des Publikums getrennt worden. Dafür sieht man von diesen Plattformen aus natürlich richtig gut. Es gibt jedoch noch einen Haken: man kann oft nur eine weitere Person mit auf die Plattform nehmen. Wer mit einer Gruppe von Freunden zum Konzert geht, hat Pech gehabt.
Auf dem Heldenplatz hatten sie mehrere Wellenbrecher installiert und der vordere Bereich war nicht so voll wie der Rest des Platzes. So empfahl mir eine Security-Frau, ganz nach vorne zu gehen. Die Security würde uns dort hineinlassen. Gesagt, getan. Ich war mit einer größeren Gruppe unterwegs und es war kein Problem, alle mit hinein zu nehmen. Wir standen direkt vor der Großbildleinwand, konnten aber auch die Bühne gut sehen. Manchmal musste ich Leute vor mir bitten, doch ein bisschen Abstand zu mir zu halten, wenn ich nicht nur ihre Hintern betrachten wollte. Da es nicht sehr voll vorne war, war das aber kein Problem und die Leute waren fast alle rücksichtsvoll und stellten sich einfach einen halben Meter weiter nach rechts oder links. Und so hatte ich wirklich sehr viel Spaß bei dem Konzert, konnte es in einer Gruppe genießen und dennoch im Sitzen gut sehen.