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Als Einziger nicht eingeladen

 

Stellen Sie sich vor, Ihr Kind wird als einziges Kind in der Klasse nicht zum Geburtstag eingeladen – und das obwohl es weder die Klasse tyrannisiert noch sich ständig daneben benimmt. Das ist Jennifer Engele passiert. Ihr Sohn Sawyer hat Downsyndrom und geht in eine Regelschule in Kanada, wo die Familie wohnt. Alle Kinder der Klasse bekamen von einem Mitschüler die Einladung zu einer Geburtstagsfeier. Nur er eben nicht. Der Grund ist so einfach wie offensichtlich: Es liegt daran, dass Sawyer behindert ist. Die Mutter verfasste daraufhin einen offenen Brief an die Eltern des Geburtstagskindes, der auf Facebook derzeit massenweise geteilt wird.

„Der einzige Grund, warum du entschieden hast, dass es okay wäre, meinen Sohn nicht zur Geburtstagsparty deines Kindes einzuladen ist, dass er Downsyndrom hat“, schrieb sie an die Mutter des Geburtstagskindes. „Es tut mir leid, dass du uninformiert bist, vielleicht verängstigt oder unsicher, was es bedeutet, Downsyndrom zu haben. Wenn du mehr darüber wüsstest, hättest du diese Entscheidung nicht getroffen. Ich bin nicht sauer auf dich. Ich denke viel mehr, es ist eine Gelegenheit für dich, meinen Sohn besser kennenzulernen“, schrieb sie weiter. Den ganzen Brief in Englisch kann man hier nachlesen.

Problem Unsicherheit

Wie die Mutter sehr richtig in ihrem Brief schreibt, hat es viel mit Unsicherheit zu tun, wenn behinderte Menschen ausgegrenzt werden. Manchmal handelt es sich auch um falsche Rücksichtnahme. Entweder weil der Ort, wo gefeiert werden soll, nicht barrierefrei ist für einen Gast im Rollstuhl. Oder aber es gibt gar keinen richtigen Grund, sondern wage Ängste: Wird er / sie sich bei uns wohlfühlen? Wie reagieren die anderen Gäste? Wie geht das mit dem Essen? Braucht er / sie Hilfe? Wenn ja, wer soll die leisten? Kann ich das überhaupt?

Statt diese Ängste und Fragen aktiv anzugehen und mit denen zu besprechen, die diese Ängste nehmen und Fragen beantworten können – also mit den Eltern – beruhigt man sich damit, dass das nicht eingeladene Kind ja vielleicht sowieso nicht mitbekommen hat, dass da eine Party steigt. Dass es ja vielleicht gar nicht teilnehmen wollte und überhaupt ja auch alles viel zu stressig wäre.

Ich hatte solche Erlebnisse als Kind selber. Eine gute Freundin feierte Kindergeburtstag und sagte mir irgendwann, ihre Eltern hätten verboten, mich einzuladen. Das ist für ein Kind extrem irritierend und enttäuschend. Weil es sich ohne Grund zurückgesetzt fühlt. Wenn es irgendwann kapiert, dass es an der eigenen Behinderung liegt, macht das die Sache keinen Deut besser, denn an dieser kann es schließlich nichts ändern. Da hilft auch der gut gemeinte Hinweis „Die meinen das nicht böse“ nichts, denn das Ergebnis ist am Ende das Gleiche: Das Kind geht nicht zur Geburtstagsfeier, zu der es hingehen dürfte, wenn es eben keine Behinderung hätte.

Und solche Erlebnisse häufen sich im Laufe einer Kindheit. Man gewöhnt sich aber dennoch nicht daran. Denn es ist ungerecht, wenn alle Kinder an etwas Tollem teilnehmen dürfen, nur man selber nicht. Etwas anderes ist es, wenn das Kind weiß, dass die anderen etwas machen, was es selber nicht kann: Schlittschuhlaufen zum Beispiel. Daran kann sich ein Kind gewöhnen.

Happy End

Die Mutter von Sawyer entschuldigt sich in dem Brief dafür, dass sie die anderen Eltern nicht auf ihr Kind mit Downsyndrom vorbereitet habe. Das ist das Einzige, das ich an dem Brief etwas irritierend finde. Gibt es wirklich eine Verpflichtung von Eltern behinderter Kinder ihr Kind zu erklären? Und warum gibt es diese Verpflichtung dann nicht für andere Eltern? Bei manchen nichtbehinderten Kindern wünscht man sich das ja auch manchmal.

In dem Fall von Sawyer gibt es nun doch ein Happy End. Die Eltern des Geburtstagskindes haben den Brief gelesen und er hat eine Einladung zu der Party bekommen und ist seitdem ganz aus dem Häuschen.