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Ziemlich kühl

 

Traurige Trompeten, ungestüme Saxofone, swingende Klarinetten und ein gelassenes Klavier: „The Complete Pacific Jazz Sessions“ von Gil Evans vereint zwei seiner besten Alben aus den späten Fünfzigern

Lewis - Streaming, Please

Im Frühjahr 1958 und um die Jahreswende 1958/59 spielte der Pianist und Arrangeur Gil Evans die beiden Alben New Bottles, Old Wine und Great Jazz Standards in New York ein. Lange Zeit waren die Aufnahmen schwer erhältlich, das ist nun vorbei: Auf Complete Pacific Jazz Sessions gibt es sie im Doppelpack und in voller Klang-Pracht.

Gemeinsam mit dem Trompeter Miles Davis erfand Evans den Cool Jazz, jenen kühlen, abgeklärten Klang, der sich Ende der vierziger Jahren zwischen den heißen Bebop und den ein paar Spuren zorniger brodelnden Hardbop schob. Gemeinsam schufen die beiden Musiker stilbildende Alben wie Birth of the Cool, Porgy & Bess und Sketches of Spain. Neben den im Jazz üblichen Instrumenten brachten sie Waldhorn, Tuba, Piccoloflöte und Bassklarinette zum Klingen, ihr Jazz war überraschend.

Die beiden auf The Complete Pacific Jazz Sessions vereinten Alben gehören zum Besten, was Evans mit großer Formation eingespielt hat. Die Besetzungen waren beinahe identisch, das Konzept einfach. Alte und neue Jazzklassiker, sei es der traditionelle St. Louis Blues oder die modernistische Ballade ’Round Midnight, wurden in neuen Versionen aufgenommen.

Die beiden Hälften der CD unterscheiden sich im Charakter. Die ersten acht Stücke (New Bottles, Old Wine) dominiert der Altsaxofonist „Cannonball“ Adderley, der seinen Spitznamen nicht ohne Grund trägt. Sein gewaltiges, bluesiges Spiel reibt sich an den luftigen Arrangements von Evans, manches Solo gerät gar etwas schnörkelig. Allein Manteca, eigentlich ein afro-kubanischer Feger, kommt in Evans Bearbeitung hüftsteif und eckig daher. Alle anderen Arrangements entfalten einen heiß-kalten Zauber.

Noch besser wird es dann im zweiten Teil (Great Jazz Standards) – ohne Adderley, dafür mit einer Vielzahl großartiger Solisten. Zum Beispiel dem wundervollen Trompeter Johnny Coles, dessen trauriger Ton es mit dem des großen Miles Davis aufnehmen kann; und dem ungestümen Sopransaxofonisten Steve Lacy, dessen Läufe stählern strahlen; und dem Klarinettisten und Tenorsaxofonisten Budd Johnson, der herrlich zurückgelehnt swingt.

Hier passt alles zusammen, bis zu Elvin Jones‘ großem Schlagzeugfinale im letzten Stück La Nevada (Theme). Wenn ganz am Ende das Thema wieder einsetzt, hört man Gil Evans am Klavier, wie er weit auseinander liegende Töne spielt – der „Svengali“ (ein Anagramm des Re-Arrangeurs) ist in Bestform.

„The Complete Pacific Jazz Sessions“ von Gil Evans ist als CD erschienen bei Blue Note

Hören Sie hier „La Nevada (Theme)“

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