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Husum gut

 

Matula aus Neumünster hassen ihre Umwelt kaum, viele Texte klingen sogar irgendwie romantisch. Sind da nicht doch Hippies am Werk?

Matula Kuddel

Vor einiger Zeit schrieb David Hugendick an dieser Stelle über die Osnabrücker Punk-Band Duesenjaeger, sie führe vor, wie „moderner Punk“ klingen könne, nämlich „besonnen und ironisch“. Modern? Besonnen? Punk? „No Future“ prangte doch in grellen Neonlettern über der Bewegung, die Mitte der Siebziger in New York, London, Düsseldorf und anderswo entstand, als besonnen galten die Protagonisten nicht eben. Es hieß: Nur Hippies singen über Beziehungen, und ein gutes Punk-Album hat maximal drei Akkorde.

Kann Punk also überhaupt zeitgemäß klingen? Er kann. Bei Matula, vier sehr jungen Leuten aus Neumünster. Auf ihrem ersten Album Kuddel brauchen sie keine dreißig Sekunden, um einen vierten Akkord aufs Griffbrett zu zaubern, dann einen fünften, dann einen sechsten. Deutschpunk hat seine Klischees hier längst überholt; mit peinlichen Punkdarstellern wie den Toten Hosen oder den Ärzten hat das nichts zu tun.

Matula kommen aus der Tiefe Schleswig-Holsteins; ihre Konzerte in Neukirchen, Bad Oldesloe, Rendsburg und Husum sind immer gut besucht, die in Leverkusen und Magdeburg eher nicht. Noch sind sie Lokalhelden. In den letzten vier Jahren haben sie eine Single veröffentlicht und zu wohltätigen Kompilationen beigetragen. Im vergangenen Sommer spielten sie zur Unterstützung des Café Exil in Hamburg, einer Einrichtung, die Flüchtlingen hilft. Ihre Platten sind günstig, die Single drei Euro, das Album acht.

Auf Deutsch singen sie über das Schlechte in der Welt, aber auch über das Gute, über die Liebe. Sie hassen ihre Umwelt kaum, viele Texte klingen sogar irgendwie romantisch. Die Verzweiflung zielt auf das Private. „Hier auf dem Marktplatz der Gefühle ist der Umsatz heute groß, ich nehme dann mal die große Tüte, auch wenn die Schlange dort am längsten ist“, heißt es in Das Paar Warme Handschuhe. Und in 4,8 Milliarden: „Alles, was ich von dir will, ist ein Lächeln, und auch mal Händchenhalten.“ Sind hier nicht doch Hippies am Werk?

Nein, keine Angst. Und auch mit Roland Kaiser oder Blumfeld hat das nichts zu tun. Gefühlsduselei gibt es nicht, alles ist kurz und knapp gehalten. Und realistisch: „Das Glück ist so tot, und trotzdem ist noch Hoffnung da. Irgendwie wird es schon klappen, das Märchen endet immer wunderbar“, singen sie ironisch in Jongleure. Viele Texte sind verschlüsselt, so, als könne man es sich als Punk nicht erlauben, von der Liebe und der Sehnsucht zu singen. Zweimal singen sie vom Glück, dreimal von der Scheiße, alles im Punklot also. Und der Hund auf der so norddeutschen Plattenhülle hat bestimmt schon an den Leuchtturm gepinkelt.

Die Worte sind hingeworfen, wie es sich gehört, mal gesprochen, mal versucht gesungen. Der Refrain ist meist melodiös und mehrstimmig. Zehn gerotzte Hymnen, die Spielzeit von Kuddel liegt unter einer halben Stunde. Die Gitarren klingen hoch und klar, kaum verzerrt, der Bass dengelt dumpf, das Schlagzeug rumpelt, immer schön doll gedroschen, jeder zweite Schlag aufs Metall. Matula treten eher sanft in den Popo.

Auf ihrem ersten Demo sangen sie in 1 Zu 0 Für Cassius Clay: „Heute ist ein guter Tag zum Sterben. Aber auch zum Aufräumen“. Und ihre Website ist betitelt: „Pain is just a french word for bread.“ So viel aus Neumünster.

„Kuddel“ von Matula ist als CD und LP erschienen bei Zeitstrafe

Hören Sie hier „Lebkuchenhaus“

Matula auf Tour:
27.04. Bad Oldesloe – Inihaus
28.04. Rendsburg – T-Stube
04.05. Chemnitz – AJZ
16.05. Osnabrück – Bastard Club
17.05. Gladbeck – Luftschutzkeller
18.05. Hamburg – Rote Flora (CD-Release Party mit Cpt. Planet)
26.05. Günzburg – Tomtom
27.05. Höhr-Grenzhausen – Tenne
(Tour wird im Juni fortgesetzt)

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