Etwa 23 Jahre ist es her, dass die englische Punkband Crass die Gitarren an den Nagel hängte. Sie waren Anarcho-Kommunarden, bis ins Absurde politisch korrekt. Nichts ließen sie sich aus der Hand nehmen, betrieben ein eigenes Plattenlabel und organisierten ihre Konzerte. Auf diesen führten sie selbstgemachte Kunst, Literatur und Filme vor und genossen das selbstgekochte vegane Essen gemeinsam mit den Besuchern. Do It Yourself, D.I.Y. war ihr Motto. Crass spielten aggressiven Punk, seltsam monoton und statisch.
Damals regierte in Großbritannien Margaret Thatcher, die Bergarbeiter streikten und die nukleare Bedrohung wuchs. Crass fanden viele Gleichgesinnte, ihr gemeinsames Ziel war der Kampf gegen die Herrschenden, „das Schweinesystem“.
Jeffrey Lewis spielt auf seinem neuen Album 12 Crass Songs ein Dutzend ihrer Stücke nach. Er kommt aus der umtriebigen New Yorker Folkszene, Kritiker heften ihm gern das nichtssagende Etikett „Antifolk“ an. Lewis spielt Gitarre und zeichnet Comics, wie Crass ist er für die Gestaltung seiner Plattencover selbst verantwortlich. Aufgewachsen ist er, so geht die Legende, mit den Platten der Folkrock-Band The Fugs, seine Eltern lebten in Greenwich Village und musizierten selbst.
Den Stücken der Punks hat er auf gleichermaßen humor- wie respektvolle Art neues Leben eingehaucht. Er folgt nicht der gegenwärtigen Mode, Country- oder Bossanova-Versionen von Klassikern einzuspielen, sein Zugang erinnert an die musikalischen Dekonstruktivisten Eugene Chadbourne und Jad Fair. Und wenn die großen US-amerikanischen Folksänger Pete Seeger und Woody Guthrie noch musikalisch aktiv wären, würden sie nicht vielleicht ähnlich klingen wie Lewis’ Interpretation von Crass?
In einem Interview sagte Jeffrey Lewis, er habe große Achtung vor Crass und ihren radikalen Ansichten, auch wenn er nicht immer mit ihnen übereinstimme. Und frage ihn jemand, weshalb er von Tierrechten sänge und gleichzeitig Lederschuhe trage, könne er antworten: „Ich hab den Text nicht geschrieben!“
„12 Crass Songs“ von Jeffrey Lewis ist erschienen bei Rough Trade.
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