Amanda Blank stellt jeden Gangsta-Rapper in den Schatten. Ihre Texte zielen kontrolliert auf den Unterleib, die Musik bewegt sich zwischen Baile Funk und Pop
Amanda Blank redet gern über Sex. Die Rapperin dehnt dann genüsslich die Vokale, gurrt lasziv, schreit spitz, und manchmal gibt sie sich auch ein wenig dominant: „Smoke a cigarette, I’m not ready yet!„
Die 26-Jährige aus Philadelphia ist die neueste Ausgabe eines Pop-Phänomens, das vor allem Männer mit großem Interesse verfolgen – gut ausgebildete junge Frauen aus der weißen Mittelschicht, die in Sachen Explicit Lyrics jedem Gangsta-Rapper die Show stehlen: Princess Superstar fordert Fuck Me On The Dancefloor, Peaches schnallt den Dildo um, und dann wäre da auch noch Uffie, das „Hot Chick“ des französischen Hip-Labels Ed Banger.
Doch es ist nicht alles Sexismus, was so eindeutig auf den Unterleib zielt. Die beiden Produzenten Diplo und Switch, mit denen Amanda Blank jetzt das exzellente Album I Love You aufgenommen hat, sind eher fasziniert von der Wildheit des brasilianischen Baile Funk und den Ehrfurcht gebietenden Bässen des jamaikanischen Dancehall Reggae. Weil sich in diesen Ghettomusiken eine Unberechenbarkeit und Vitalität findet, die im Pop weitgehend verloren ging.
Neben der unverblümten Sexualisierung gehört dazu auch das Spiel mit einer immer präsenteren Gewalt: Der Song Something Bigger, Something Better wird angetrieben vom rhythmisierten Ladegeräusch einer Pistole. Inmitten dieses digital ratternden Beat-Infernos strahlt Amanda Blank die Ruhe einer Mafiabraut aus, die Männer gern mal herablassend „Schätzchen“ nennt.
Es ist ihr Spiel, und es sind ihre Regeln. Deshalb gibt es auf dem Album auch die kleinen intimen Pop-Momente. Wenn Amanda Blanks Stimme weich und melodisch wird, beginnt man zu begreifen, dass Sex und Pop auf immer wieder neue Weise mit demselben Motiv spielen: Verführung. Nur diktiert in diesem Fall die Frau die Bedingungen.
„I Love You“ von Amanda Blank ist erschienen bei Downtown Records/Universal
Dieser Text ist der ZEIT Nr. 29/2009 entnommen.
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