Wo die Einsamkeit der Moderne zum Albtraum wird: Auf ihrem dritten, schmerzhaft lebendigen Album „The Suburbs“ vertonen Arcade Fire die bevölkerte Einöde.
Man kann es Umlandsiedlung nennen oder Vorstadt, den suburbanen Raum oder auch Speckgürtel, es bleibt doch vor allem eins: der Inbegriff der bevölkerten Einöde. Die ist, vor allem in ihrer nordamerikanischen Ausprägung, der perfekte Schauplatz für den Einbruch des Grauens oder den Ausbruch großer Gefühle, für Horrorfilme oder Rockmusik.
Deshalb müssen es Arcade Fire sein, die diesen Gegenden mit The Suburbs ein Denkmal setzen. Schließlich vertonte die Band aus Montreal schon immer genau den Punkt, an dem die Einsamkeit der Moderne in den Albtraum umschlägt; wobei ihr Rock’n’Roll, wenn er sich endlos ins Dramatische steigerte, stets wirkte wie von einer Jahrmarktskapelle gespielt.
Auch auf The Suburbs dreht sich der Rhythmus wieder verzweifelt im Kreis, aber die Harmonien bebildern nun systematisch das Aufwachsen zwischen dem Punkrock, der die pubertäre Revolte befeuert, und den Abba-Melodien, mit denen beim Abschlussball die Rückkunft in die geordnete Erwachsenenwelt gefeiert wird.
Dazu singt Win Butler von der Sehnsucht, die in jedem vorüberrauschenden Auto sitzt, und von Millionären, die sich ihr ganz privates Gefängnis gebaut haben. Zwischen diesen Extremen tobt das Leben, das Arcade Fire einfangen mit ihrer schmerzhaft lebendigen Musik.
„The Suburbs“ von Arcade Fire ist erschienen bei City Slang/Universal
Am Donnerstag spielen Arcade Fire im Madison Square Garden, das Konzert wird live per Stream übertragen auf www.arcadefire.com.
Aus der ZEIT Nr. 31/2010