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Echo der Jazzgeschichte

 

Jason Moran und The Bandwagon verwandeln Dissonanzen in Engelstöne. Ihr Album „Ten“ misst sich an alten Helden wie Thelonious Monk, Andrew Hill und Horace Silver.

© Blue Note

Das sind gemeine Dissonanzen, die Thelonious Monk in seinen Song Crepuscule With Nellie geschrieben hat, richtig bissig und unauflösbar, und sie wollen mit einer Überzeugung, mit einer Zärtlichkeit gespielt werden, die nur wenigen gegeben ist.

Jason Moran nimmt Monks Dissonanzen so, wie sie sind: Mit Wucht kitzelt er die Reibung zwischen den Tönen hervor und verwandelt sie in Engelstöne, in Intimität. Ten, das aktuelle Album seines Trios Bandwagon, präsentiert den Pianisten einmal mehr als einen Musiker, der aus dem Kreis der am Hauptstrom des aktuellen Jazz siedelnden Kollegen hervorragt – nicht nur kraft seiner Energie und seiner die ganze Stilpalette des Jazz umspannenden Eloquenz, sondern auch aufgrund seines ausgeprägten Gespürs für die musikalische Form.

Ten ist dafür ein weiterer Beleg: Immer wieder bauen Moran, Tarus Mateen am Bass und der Schlagzeuger Nasheet Waits Stücke ihrer persönlichen Heroen Thelonious Monk, Andrew Hill und Jaki Byard in ihr Programm ein.

Damit geben sie das hohe Niveau vor, an dem sich auch ihre Eigenkompositionen zu messen haben. Gleichzeitig nehmen sie sich jede Freiheit, immer wieder das Echo der Jazzgeschichte durchklingen zu lassen, das Stridepiano eines Willie Smith, die Finesse eines Billy Strayhorn, die rhythmische Präsenz eines Horace Silver. Dass sie dabei einen unmissverständlich in der Gegenwart ruhenden eigenen Ton bewahren, ist das große Kunststück von Jason Moran und Bandwagon.

„Ten“ von Jason Moran und The Bandwagon ist erschienen bei Blue Note/EMI.

Aus der ZEIT Nr. 31/2010