Der Hamburger Saxofonist Frank Delle und sein Trio mäandern zwischen harmonischer Verbindlichkeit und freier Improvisation. „The Way Things Fall“ wirft einen Blick in die Zukunft des Jazz.
Mit The Way Things Fall, der neuen CD seines aktuellen Trios, stürzt sich der Hamburger Saxofonist Frank Delle zurück und zugleich mitten hinein in die turbulenteste Phase des modernen Jazz, jene Zeit, als der akustische Klang noch verbindlich war und Improvisation und Interaktion sich als die Leitwährung des Jazz durchgesetzt hatten.
Im Zusammenspiel mit Jonas Burgwinkel am Schlagzeug und dem Kontrabassisten Robert Landfermann, die sich von Köln aus längst einen Ruf als Dreamteam für musikalische Extremkommunikation erarbeitet haben, entwirft Delle ein klassisches Modell des Jazz: eine Musik, die nicht festzuhalten ist, die in jedem Moment in eine neue Richtung aufbrechen könnte, sich plötzlich verdichtet, dann wieder ausdünnt, wahlweise Tempo aufnimmt oder verliert, für kurze Zeit in die Verbindlichkeit eines Harmonieverlaufs taucht, nur um dann die Klänge auszuloten, die am Rand des schulmäßigen Instrumentalklanges liegen.
Spannung bedeutet auch hier, dass man nicht weiß, wie es ausgeht. Alles scheint möglich – wenn man denn über die Mittel verfügt, die Ausschläge aufzufangen und zu beherrschen. Und daran lassen die drei jungen Musiker keinen Zweifel. Sehr lässig verschieben sie permanent die Gewichte im Binnenverhältnis, wechseln die Rollen und Haltungen, völlig losgelöst von allem, was ringsum den Jazzmarkt bevölkert.
Außergewöhnlich und hinreißend: So kann der Blick zurück einen Weg nach vorne weisen.
„The Way Things Fall“ vom Frank Delle Trio ist erschienen bei Jazzsick Records
Aus der ZEIT Nr. 47/2010