Rajko Müller alias Isolée ist ein Meister des Microhouse. Sein Album „Well Spent Youth“ enthält fein komponierte Tanzmusik, deren Strukturen nachzulauschen sich lohnt.
Die Zeit der Riesen ist gekommen. Wohin man schaut, regiert XXL. Popcorntüten, Fernseher und Schnitzel sind meist nur im Groß- und Breitformat verfügbar. Immerhin gibt es Housemusik noch in Größe XXS. Microhouse – das bedeutet, weniger ist mehr, aber noch weniger ist alles.
Als Rajko Müller vor elf Jahren seine erste Platte als Isolée veröffentlichte, galt er Star des Genres. So perfekt und puristisch wie Rest, dieses kleine Meisterwerk minimaler Musik, klangen nur wenig Techno-Alben. Rest spannte den Bogen zwischen schimmerndem Ambient, tiefgründigem Dub Techno und feinsten Acid-Spuren. Jeder ernstzunehmende DJ der seine mediterrane Techno-Brise Beau Mot Plague zum Jahrtausendwechsel nicht auf dem Plattenteller hatte, wurde schief angesehen.
Sechs Jahre nach seinem Album We Are Monster ist Rajko Müller nun bei Pampa Records untergekommen, dem Plattenlabel des DJ-Spitzbuben DJ Koze. Hier kommt zusammen, was zusammen gehört. Beide Musiker teilen einen sympathischen Hang zur Seltsamkeit. Koze nagelt dadaistische Wortkapriolen auf harte Bretter, Isolée stellt die bekannten Parameter elektronischer Tanzmusik immer wieder in Frage. Hat dieses Geräusch noch etwas mit Techno zu tun? Kann man jenen Basslauf noch House nennen? Unzuverlässiges Erzählen nennt das die Literaturwissenschaft.
Von Isolées Musik wird gerne behauptet, dass sich auch Menschen daran erfreuen, die Techno weniger schätzen. Das mag zum einen daran liegen, dass Isolées Platten herrlich unaufdringlich klingen. Kein angestrengtes Konzept, kein düsteres Herumgemache stört. Auch Well Spent Youth, das neueste Werk von Rajko Müller, strahlt diese Einfachheit aus. Musik, so erfrischend wie kaltes, klares Wasser.
Wie seine Vorgänger wird auch Well Spent Youth von einer Melancholie bestimmt, die alle elf Stücke sanft umschließt. Und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass da im Titel auch die Verschwendung mitschwingt. Gleich das erste Lied Paloma Triste schickt warme Moll-Akkorde in die Luft. Ein Bass will Fahrt aufnehmen, verheddert sich aber wie feuchtes Laub zwischen den Speichen. Verstolpert, egal. Gleich nochmal von vorne, denkt man. Aber Isolée lässt keine Zweifel aufkommen. Gleich das zweite Stück ist ein gemein konstruierter Menschenfänger aus sanft-rollenden Bassläufen und klug gesetzten Geräuschen. Thirteen Times An Hour ist der Hit des Albums. Ein Glück für den, der dazu tanzen darf.
Spätestens mit Taktell und Journey’s End wird dem Hörer bewusst: dieses Album swingt. Immer wieder lässt Isolée minimale Klangteilchen nebeneinander laufen und füttert sie gut mit Bässen. In Celeste wird aus Radiowellen ein melodiöses Popstück, das auch ohne Gesang schwebt, bis es sich in der Dunkelheit von Transmission verliert. Doch bevor die Finsternis zu nahe rückt, befreit sich Isolée mit einem Stück wie In Our Country. Durch Spielplatzgeräusche und Stimmschnipsel schlängelt sich eine sanfte Keyboardmelodie leise davon. Isolée – das bedeutet auch isoliert und kontaktarm. Darum geht es: Tanzen kann man im Club, zuhören muss man für sich allein. House kommt eben auch von zuhause.
„Well Spent Youth“ von Isolée ist bei Pampa Records erschienen.