Das gibt’s jetzt auch: Musiker wie Paul McCartney und Patti Smith interpretieren die Lieder von Buddy Holly. Leider erstarren die meisten dabei in biederer Ehrfurcht.
Wer Buddy Holly sagt, braucht zur Beschreibung wenig Zeit. Keine 23 ist der Mitbegründer moderner Rockmusik geworden, kaum zwei Jahre währte seine Karriere, ganze drei Platten hat er aufgenommen, es war ein kurzes Leben im Turbo, echter Rock’n’Roll, noch frei von Sex’n’Drugs. Wer Buddy Holly singt, braucht trotzdem etwas mehr Zeit. Denn vom kometenhaften Aufstieg bis zum kometenhaften Absturz im Flugzeug Anfang 1959, brachte es der nette Junge mit der dicken Brille auf fast zwei Dutzend Hits. Fast jedes Lied ein Klassiker, fast jedes davon zum Mitpfeifen, ein Œvre für die Ewigkeit – seltsam, dass sich Popmusiker erst jetzt zum Tributalbum zusammenraufen.
19 Künstler verschiedenster Gattungen und Popularität hat das frühere Jazz-Label Fantasy Records zur Coverversion gebeten. 19 größere, große, übergroße Namen von Patti Smith über The Black Keys bis Paul McCartney feiern auf Rave On Buddy Holly das, was sie wohl pflichtschuldig ihr Idol nennen. Und sie liefern (rechtzeitig zum 75. Geburtstag im September) 19 Huldigungen, die sich teilweise hören lassen können. Denn oft zeigen sie auch nur wie schwer es ist, die Mitte zwischen biederer Ehrfurcht und kreativer Distanz zu finden.
Es gibt also ein paar echte Interpretationen wie die vertrackt wavige Version von Rave On, in der The Strokes-Sänger Julian Casablancas Hollys erste Solo-Single einer technoiden Frischzellenkur unterzieht. Es gibt eine Peggy Sue-Variante, die Lou Reed so deutlich nach sich selbst klingen lässt, dass man den Erfinder dahinter nur noch erahnt. Es gibt Fiona Apples liebevoll verspielte Fassung von Every Day, Florence + The Machine sinistre Auslegung des ursprünglich eher poppigen Not Fade Away, eine indierockige Sicht von Modest Mouse auf das urrockige That’ll Be The Day. Aber dass ausgerechnet Kid Rocks Lesart von Well … All Right zu den spannendsten Ansätzen der gesamten Platte zählt, spricht Bände.
Denn in der Regel bleiben die Kollegen des VIP-Rabauken sonderbar uninspiriert, gelenkt von einer Art Werktreue, die weniger von Respekt zeugt, als Einfallslosigkeit. Die vielfach grammygekürten Bluesrocker The Black Keys etwa kleben so ideenlos an den Originalen wie die Folkrocklegende Graham Nash oder Steve Earles Sohn Justin. Und wenn Sir McCartney It’s So Easy verarbeitet, klingt das wie zu erwarten nach Altherrenspaß.
Da blickt man doch mit Wehmut auf Tribute an ähnliche Wegbereiter ihrer Genres. An Cinnamon Girl: Women Artists Cover Neil Young, der förmlich ausgeweidet wird von Amerikas weiblichem Independent. An die rotzige Punksicht The World’s Greatest Tribute auf Nirvana. An Perverted By Mark E., dem selbstbewussten Kniefall der Alternativeszene vor The Fall. Und die deutschsprachige Kompilation Ihre Lieder sind anders bezieht sich offenbar nicht nur auf die gecoverte Hildegard Knef, sondern mehr noch auf die überraschenden Interpretationen selbst.
Ein Tribut-Album sollte vor allem neue Perspektiven eröffnen, nicht bloß alte wiederkäuen. Rave On Buddy Holly tut überwiegend letzteres und taugt somit eher für echte Fans. Und Sammler. Immerhin.
„Rave On Buddy Holly“ ist erschienen bei Fantasy Records.