Der Buchautor und weltreisende DJ Hans Nieswandt hat sich der Clubmusik verschrieben. Wie leidenschaftlich, zeigt seine neue Remix-Werkschau „Hans Is Playing House“.
Es gibt Menschen, die sind dafür bekannt, dass sie eigentlich nur eine Sache richtig gut können. Lukas Podolski kann nur mit links, Jörg Pilawa kann nur Streichwurst und Hans Nieswandt kann nur House.
Für ein Leben als Popstar und Lieblings-DJ des Tagesschau-Spechers Jens Riewa hat das gereicht: Seit Jahren moderiert Nieswandt eine der besten Radio-Sendungen zum Thema Tanzmusik, juckelt für das Goethe-Institut um die Welt und hat drei sehr kurzweilige und aufschlussreiche Bücher über das DJ-Dasein geschrieben. Er war außerdem Redakteur der Spex und Teil des famosen Trios Whirlpool Productions. So einer kennt jeden. Kein Wunder, dass viele Künstler bei ihm klingeln, um ihre Songs für den Tanzboden zurechtmachen zu lassen.
Der Auftrag lautet dabei immer: „Disco, Hans!“ Egal, aus welcher musikalischen Richtung das Stück kommen mag, Nieswandt discofiziert es. Wie in einen Organismus verpflanzt er seine Tanzerreger. Jedes Stück erhält die 4/4-Behandlung. Dabei können die Beats mal soulig rollen, seicht schunkeln oder prollig buckeln – alles entsteht aus dem großen Wissen und der Liebe, dien Nieswandt der Disco-Musik und ihrer Tochter House entgegen bringt. Nieswandt kann alles aus dem Ärmel schütteln: Das schwere Funkeln von Deep House, die billige Pracht des Italo Disco und die jubilierende Euphorie des Garage House.
Disco mit intelligenten, deutschen Reimen – das wünscht sich Nieswandt. Seine neue Zusammenstellung Hans Is Playing House ist voll davon. Sie versammelt Nieswandts beste Remixe der vergangenen elf Jahre und ist damit nicht nur die erste Werkschau des Kölner DJs, sondern auch eine kleine Reise durch die deutsche Poplandschaft der Nuller Jahre.
Neben Nieswandts Bearbeitungen für etablierte Künstler wie Jens Friebe, Barbara Morgenstern oder JaKönigJa sind auch Freundschaftsdienste zu hören für längst verblichene Lieblingsbands wie Eisen oder Festland. Kaum klassische Techno- oder House-Acts sind darunter, dafür aber ein Nieswandt-Remix für das Wiener Künstlerkollektiv um die großartige Zeitschrift monochrom.
Mit der jahrelangen Erfahrung des DJs spürt Nieswandt, welcher Song auch als Disco-Stück funktionieren könnte. Sorgsam lotet er gemeinsame Schnittpunkte aus und baut darum sein heiter bolzendes House-Vokabular. Das glückt in den meisten Fällen sensationell, wie beim Disco-Funk Mama Baby Joe für Die Zimmermänner oder Universal González‚ bittersüße Jazzhouse-Tragödie Verkaufen. Trimmen, schneiden und einfache Drumbeats – schon wird aus dem schlagzeuglosen Original Wie ich die Band verfluche von JaKönigJa ein dahingleitendes House-Juwel.
Nieswandt scheint selbst überrascht zu sein, wie leicht sich offensichtlich aus solchen Popstücken famose Dancefloor-Knaller basteln lassen. Zufälle gibt’s! In den sehr sympathischen Kommentaren zu jedem Remix gibt er sich selbstironisch und stapelt tief. Ist es ihm etwa ein bisschen peinlich, dass am Ende eben doch immer nur House und Disco herauskommt? Selbst sein Reggae-Remix für den alten Kumpel Eric D. Clark ist zum Tanzen gedacht. „Ihr könnt es in jedes Disco-Set einbauen, vertraut mir“, lässt Nieswandt ausrichten. Selbst wenn er nur so tut, als ob: Der Rest ist House. Er kann nicht anders.
„Hans Is Playing House“ von Hans Nieswandt ist erschienen bei Bureau B.